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Ampel-Koalition will weniger Bürokratie für Wasserstoffprojekte


Die Bundesregierung will Bürokratie abbauen und hat Wirtschaftsverbände um Vorschläge hierzu gebeten. Daraus geht hervor, dass Planungs- und Genehmigungsverfahren gerade im Bereich Wasserstoff noch zu aufwendig sind.

Die Ampel-Koalition will grundsätzlich den Ausbau der Wasserstoffwirtschaft beschleunigen. In ihrem Koalitionsvertrag 2021-2025 hat sie sich darauf geeinigt, den Bürokratieabbau weiter voranzutreiben. Unternehmen sollen künftig mehr Zeit haben, sich auf ihre „eigentlichen Aufgaben“ zu konzentrieren. Hierzu kündigten die drei Regierungsparteien schon 2021 ein viertes Bürokratieentlastungsgesetz an. Ein entsprechender Gesetzesentwurf lässt noch auf sich warten. Eine Verbändebefragung zeigt aber, welche Probleme im vierten Bürokratieentlastungsgesetz angegangen werden könnten.

Florian P. Huber, LL.M.

Rechtsanwalt

Aus dem Bundesministerium der Justiz hieß es, dass möglichst zeitnah ein Referentenentwurf vorgelegt werden und das parlamentarische Beratungsverfahren möglichst noch in diesem Jahr gestartet werden soll.

Insgesamt 105 Verbände wurden im Zeitraum zwischen Januar und März 2023 vom Koordinator der Bundesregierung für Bessere Rechtsetzung und Bürokratieabbau dazu eingeladen, Ideen für den Bürokratieabbau beizusteuern, 442 konkrete Vorschläge zum Bürokratieabbau gingen ein. Darunter sind auch Vorschläge für Maßnahmen, die den Bereich Wasserstoff betreffen. Im April veröffentlichte das Bundesministerium der Justiz die gesammelten Vorschläge der Verbände zum Bürokratieabbau. Die Vorschläge wurden vom Statistischen Bundesamt quantitativ und qualitativ nach dem möglichen Entlastungspotential kategorisiert und in eine Rangfolge geordnet.

Erleichterungen bei der Bauplanung

Der Bundesverband der Industrie (BDI) rät in Vorschlag Nummer 18109 dazu, die Bauplanung von Elektrolyseuren für die Gewinnung von grünem Wasserstoff zu vereinfachen. Der Bau von Elektrolyseuren soll im Außenbereich gegenüber anderen Interessen privilegiert werden, um so die Baugenehmigung von Elektrolyseuren zu beschleunigen. So könne „in vielen Fällen auf ein zeit- und kostenaufwendiges Aufstellungsverfahren für einen Bebauungsplan verzichtet werden. Erfahrungsgemäß würde eine Zeitersparnis von zirka zwei bis drei Jahren durch die Privilegierung erreicht werden.“

Dem BDI zufolge sind Standorte, die über einen für Elektrolyseure geeigneten Bebauungsplan und die erforderlichen Standortkriterien wie Wasserversorgung, Strom und Gasanschluss verfügen, rar. Zudem würden sämtliche Anforderungen im Hinblick auf den Umweltschutz und den Schutz der Umgebung bereits im immissionsschutzrechtlichen Verfahren thematisiert und müssten daher nicht auch in einer vorgeschalteten Bebauungsplanung abgearbeitet werden. Daher solle die Baunutzungsverordnung derart geändert werden, dass – ähnlich wie Tankstellen – auch Elektrolyseure in Wohn- und Gewerbegebieten errichtet und betrieben werden dürfen. Bislang ist dies nur in Industriegebieten möglich.

Durch eine entsprechende Gesetzesänderung müssten künftig nicht erst Flächen als neue Industrieflächen ausgewiesen werden, bevor mit der Planung eines Elektrolyseurs begonnen werden kann.

Auch schlägt der BDI vor, dass es unbürokratisch möglich sein solle, Standorte von alten Kraftwerken in Standorte für Elektrolyseure oder Anlagen mit verwandter Nutzung umzuwandeln.

„Denkbar wären im Raumordnungsrecht etwa die Implementierung eines raumordnerischen Grundsatzes, der die Konversion von alten (fossilen) Energiestandorten für die Nutzung von Wasserstoff sowie Privilegierungen und verfahrensrechtliche Vereinfachungen zur Abweichung von entsprechenden raumordnerischen Zielen generell eröffnet“, so der Vorschlag.

Anpassung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) regt in ihrem Vorschlag Nummer 41102 an, das Genehmigungsrecht bei Elektrolyseuren und Produktions- oder Feuerungsanlagen, die Wasserstoff einsetzen, zu lockern. Hierzu solle das Bundes-Immissionsschutzgesetz entsprechend angepasst werden.

Die derzeit bestehenden Hürden im Genehmigungsrecht behindern der DIHK zufolge Investitionen in neue Wasserstoffanlagen. Insbesondere im Störfallrecht gebe es große Rechtsunsicherheit, da es hier an nötigen Verwaltungsvorschriften fehle, was Genehmigungsverfahren unnötig in die Länge ziehe.

Die DIHK schlägt vor, für kleinere Anlagen Erleichterungen bei der Genehmigung und Umweltprüfung einzuführen. Auch sollten kleine Anlagen weniger strengen Regeln unterliegen, wenn es beispielsweise um den Mindestabstand zu Wohnsiedlungen, Verkehrswegen und Einzelhandelsflächen geht. Hier fordert die DIHK klar definierte Mindestabstände, damit Anlagebetreiber künftig keine langwierigen Gutachten mehr in Auftrag geben müssen, um angemessene Mindestabstände selbst zu ermitteln.

Auch der Verband der Chemischen Industrie (VCI) kritisiert in seinem Vorschlag Nummer 78108 die komplexen Regeln für Anlagen im Bundes-Immissionsschutzgesetz, die nicht klar und verständlich genug seien und Anlagebetreiber dazu zwingen, im Vorfeld eine große Zahl von Fachgutachten einzuholen. Nicht zuletzt auch der Fachkräftemangel mache es jedoch schwer, die erforderlichen Gutachten zeitnah zu erhalten. Der VCI empfiehlt, die fraglichen Regelungen in den Paragrafen 3 und 50 des Bundes-Immissionsschutzgesetz zu entfernen und sich künftig allein auf das deutsche Planungs- und Genehmigungsrecht zu verlassen.

 

Neben dem deutschen Genehmigungsrecht spielt allerdings auch die europäische Industrieemissionsrichtlinie, kurz IED, für die Genehmigungssituation bei Elektrolyseuren eine gewichtige Rolle.

Sönke Gödeke

Dr. Sönke Gödeke

Rechtsanwalt, Partner

Die IED wird aktuell von der Europäischen Kommission überarbeitet. Im Zuge dessen fordern verschieden Marktakteure, die Wasserstoffelektrolyse solle vom Anwendungsbereich der IED ausgenommen werden. 
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