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„Bezahlen mit Daten“ – Oberster Gerichtshof von Österreich bittet EuGH um Vorabentscheidung


Der Oberste Gerichtshof von Österreich hat den EuGH um eine Vorabentscheidung gebeten. Der Fall betrifft auch die Frage, inwieweit es mit der Datenschutz-Grundverordnung vereinbar ist, wenn Nutzer mit ihren personenbezogenen Daten für den Zugang zu einem Online-Dienst „bezahlen“.

Der Oberste Gerichtshof von Österreich (OGH) hat im Zusammenhang mit einem Rechtstreit zwischen Max Schrems und Facebook dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vier Fragen vorgelegt. Es geht draum, ob das Social-Media-Unternehmen gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstößt, die seit 2018 in der gesamten EU in Kraft ist und den Umgang mit personenbezogenen Daten regelt. Das Verfahren könnte jedoch über weit mehr als allein den Streit der beiden Parteien entscheiden: Es geht um ein Geschäftsmodell, dem zahlreiche Internet-Firmen folgen und das darin besteht, dass Nutzer für die Möglichkeit, einen Online-Dienst zu verwenden, statt mit Geld mit ihren persönlichen Daten bezahlen. Persönliche Daten sind für Unternehmen wertvoll geworden: Online-Händler und Dienstleistungsanbieter nutzen sie, um ihren Kunden maßgeschneiderte Angebote in Form von Werbung zu machen.

Laut DSGVO dürfen personenbezogene Daten nur unter bestimmten Voraussetzungen verarbeitet werden. Das ist – sofern keine besonders sensiblen Daten betroffen sind – unter anderem dann möglich, wenn die betroffene Person auf freiwilliger Basis ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der Daten für bestimmte Zwecke gegeben hat oder wenn die Verarbeitung für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, erforderlich ist.

Der OGH möchte nun vom EuGH wissen, ob die Nutzung von Facebook durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen – die die Nutzer akzeptieren müssen, um sich ein Konto einrichten zu können – an die Verarbeitung von personenbezogenen Nutzerdaten geknüpft sein darf, auch wenn darunter Verarbeitungen sind, die nicht benötigt werden, um das Netzwerks selbst nutzen beziehungsweise anbieten zu können. Oder müsste für solche Verarbeitungen der Daten stattdessen die Einwilligung der Nutzer eingeholt werden?

Die Anforderungen an datenschutzrechtliche Einwilligungen sind streng. Unter anderem müssen sie freiwillig gegeben worden sein und sind frei widerruflich, was bei einer für die Vertragsdurchführung erforderlichen Datenverarbeitung nicht der Fall ist. Ausdrücklich soll nach der DSGVO die Freiwilligkeit einer Einwilligung zu verneinen sein, wenn sie Datenverarbeitungen betrifft, die für die Erbringung oder Inanspruchnahme einer Dienstleistung nicht erforderlich sind, die Einwilligung aber dennoch zur Voraussetzung hierfür gemacht wird.

Sollte der EuGH zu dem Schluss kommen, dass Daten, die das soziale Netzwerk erhebt, nicht für die Erfüllung seines Vertrages mit dem Nutzer notwendig sind und stattdessen für die Verarbeitung der Daten eine Einwilligung des Nutzers eingeholt werden muss, stellt sich die Frage, ob in Zukunft auch die Möglichkeit gegeben werden muss, den Online-Dienst zu verwenden, auch wenn der Nutzer diese Einwilligung nicht gibt. Das deutsche Bundeskartellamt vertrat bereits die Auffassung, dass das Vorgehen des sozialen Netzwerks aufgrund einer marktbeherrschenden Stellung in Deutschland unzulässig sei. In der Folge könnte allerdings das Geschäftsmodell an sich in Frage stehen, wenn es auf die Daten angewiesen ist, um über Werbung Einnahmen zu generieren und seinen Nutzern den Dienst gebührenfrei zur Verfügung stellen zu können.

Darüber hinaus hinterfragt der OGH, wie personalisierte Online-Werbung vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Datenminimierung aus Artikel 5 Absatz 1c der DSGVO zu bewerten ist. Er besagt, dass personenbezogene Daten „dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein“ müssen. Eine weitere Frage beschäftigt sich damit, inwieweit das soziale Netzwerk hierfür auch besonders sensible Daten – beispielsweise zur Gesundheit, der sexuellen Orientierung oder der politischen Gesinnung der Nutzer – verarbeiten darf und ob es eine Rolle spielt, wenn der Nutzer die fraglichen Informationen bereits selbst öffentlich gemacht hat.

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