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EuGH stellt Regeln für Inbox-Werbung klar


Werbung muss als solche erkennbar und darf nicht getarnt sein – diesen Grundsatz hat der EuGH nun auch bezüglich sogenannter Inbox-Werbung bestätigt. Werden Anzeigen im Posteingang unter die erhaltenen E-Mail gemischt, so bedarf diese Form der Werbung nach dem Votum der Richter die Einwilligung des Inhabers des Accounts.

Inbox-Werbung ist per se keine Seltenheit. Insbesondere Anbieter kostenloser E-Mail-Services nutzen diese Methode regelmäßig zur Finanzierung des Angebots. Festgeschrieben ist die Anzeigenschaltung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Möchte der Nutzer diese Form der Werbung unterbinden, kann er zu einem kostenpflichtigen Angebot wechseln. Im vorliegenden Fall aber nutzte ein Energieversorger Inbox-Anzeigen, um für sich zu werben. Dies geschah ohne Zustimmung der Account-Inhaber. Ein Mitbewerber mahnte das Unternehmen daraufhin unter Verweis auf das deutsche Lauterkeitsrecht ab und es kam zum Rechtsstreit.

 

Das Landgericht Nürnberg-Fürth gab dem Kläger Recht und verurteilte den Energieversorger zur Unterlassung. Das Oberlandesgericht Nürnberg dagegen sah in dem Fall keinen Wettbewerbsverstoß. Der Bundesgerichtshof legte schließlich dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) diverse Fragen zur Auslegung des einschlägigen Unionsrechts vor. Diese wurden nun aus Luxemburg beantwortet.

Der EuGH kommt zu dem Schluss, dass es sich bei der Inbox-Werbung um einen Verstoß gegen die Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation handelt, wenn der Inhaber des betroffenen Accounts dieser Form der Werbung nicht ausdrücklich zugestimmt hat. Zentral ist dabei das Begriffsverständnis von „elektronischer Post“. Dieser Begriff ist nach der Überzeugung der Richter weit und vor allem technologieneutral auszulegen.

Der EuGH betont in seinen Entscheidungsgründen (PDF/436 KB) dabei den Unterschied zu Werbung, welche außerhalb der Liste der eingegangenen E-Mails angezeigt wird. So heißt es, dass „anders als Werbebanner oder Pop-up-Fenster, die am Rand der Liste mit privaten Nachrichten bzw. separat von diesen erscheinen, […] die Einblendung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Werbenachrichten in der Liste der privaten E‑Mails des Nutzers somit den Zugang zu diesen E‑Mails in ähnlicher Weise wie dies bei unerbetenen E‑Mails [behindert]“. Bei Letzteren ist die Gefahr der Verwechslung und damit der Verschleierung des Werbecharakters ungleich größer. Dass im Ausgangsfall die Adressaten mittels eines Zufallsprinzips ausgesucht wurden, wird als letztlich unerheblich angesehen. Denn es bleibt eine direkt und individuell an einen Verbraucher gerichtete Werbemaßnahme. Folglich bedarf es einer hinreichenden vorherigen Einwilligung nach Artikel 13 Absatz 1 der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation. Diese muss in einer Willensbekundung der betroffenen Person zum Ausdruck kommen, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt, so der EuGH. Gerade mit Blick auf eine hinreichende Kenntnis der Sachlage wird es daher Sache der deutschen Gerichte sein, anhand der Umstände des Einzelfalls zu klären, ob die Nutzer, die sich für einen kostenlosen und damit werbefinanzierten Account entschieden haben, ordnungsgemäß über die genauen Modalitäten der Inbox-Werbung informiert wurden und in Kenntnis dieser Modalitäten wirksam eingewilligt haben.

Der EuGH befasst sich abschließend auch mit der Frage, ob die in Rede stehende Form der Inbox-Werbung auch ein „hartnäckiges und unerwünschtes Ansprechen“ im Sinne der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken darstellt. Anhang I dieser Richtlinie enthält eine abschließende Liste von 31 Geschäftspraktiken, die gemäß Artikel 5 Absatz 5 der Richtlinie „unter allen Umständen“ – also ohne gesonderte Wertungsmöglichkeit – als unlauter anzusehen sind. Im Ausgangsfall kam es binnen mehr oder minder eines Monats zu drei Werbeeinblendungen im Posteingang des Betroffenen. Dies wertet der EuGH als „hartnäckig“. Ob das Ansprechen auch unerwünscht war, bewertet sich wiederum danach, ob der Account-Inhaber wirksam eingewilligt und später nicht widersprochen hat.

Damit kommt es für die rechtliche Bewertung sogenannter Inbox-Werbung ganz entscheidend darauf an, ob die hierzu in den AGB des Service-Providers gemachten Angaben und erteilten Informationen hinreichend klar und umfassend sind und ob somit eine wirksame Einwilligung eingeholt wurde oder nicht. Dies werden nun der BGH und gegebenenfalls auch das Berufungsgericht noch einmal gezielt in den Blick nehmen müssen.

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