Junge Biotech-Unternehmen benötigen vor allem Kapital, um ihre Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten zu finanzieren. Um Investoren zu gewinnen und ihre Geschäftstätigkeit zu entwickeln, müssen Gründer eine solide Basis schaffen und gängige Fallstricke meiden.

Um ein Biotech-Start-up zum Erfolg zu führen, braucht es vor allem eine gesunde Basis.

Gerade in den Anfängen kann der Kapitalbedarf für Forschung und Entwicklung hoch sein, während zugleich kaum Umsatzerlöse generiert werden. Daher begeben sich viele Biotech-Unternehmen früh auf die Suche nach Investoren. Um für diese attraktiv zu sein, muss jedoch ein solides Fundament gelegt werden.

Wichtige Standard-Dokumente

In der Praxis werden größere Risikokapitalinvestoren bei späteren Finanzierungsrunden darauf bestehen, dass ihre eigenen Vertragsentwürfe die Grundlage für Verhandlungen bilden. Dennoch ist es für Biotech-Unternehmen hilfreich, bereits ab der Gründung auf ihre eigenen Verträge und Unterlagen zu achten, die bei einer späteren Due Diligence auch geprüft werden können. Solide Dokumente und Verträge untermauern gegenüber Investoren die Professionalität des Start-ups und belegen, dass die Gründer ihr Unternehmen mit der notwendigen Sorgfalt aufgebaut haben. Wurden in den Standard-Dokumenten die nötigen Klauseln aufgenommen, um Rechte zu sichern und Risiken zu minimieren, wird das die Investitionsbereitschaft der Kapitalgeber erhöhen.

Viele Gründer legen Wert auf eine Gesellschaftervereinbarung, da hier wesentliche Spielregeln für das Miteinander festgelegt werden.

Zu den wichtigsten Standard-Dokumenten zählen der Gesellschaftsvertrag und die Gesellschaftervereinbarung. Der Gesellschaftsvertrag bildet die Verfassung einer Gesellschaft, mit deren Hilfe sie am Geschäftsverkehr teilnehmen kann. Jede GmbH muss einen Gesellschaftsvertrag haben. Er ist – genauso wie die Satzung einer AG – öffentlich über das Handelsregister einsehbar und kann somit jederzeit abgerufen werden.

Eine Gesellschaftervereinbarung muss nicht beim Handelsregister hinterlegt werden und ist somit nicht öffentlich zugänglich. Sie ist ein Nebenvertrag zum Gesellschaftsvertrag und anders als dieser optional. Viele Gründer legen Wert auf eine Gesellschaftervereinbarung, da hier wesentliche Spielregeln für das Miteinander der Gesellschafter untereinander festgelegt werden, ohne dass sie der Öffentlichkeit zugänglich sind. In ihr können beispielsweise genaue Vereinbarungen darüber getroffen werden, wie verfahren werden soll, wenn ein Gründer Anteile verkaufen und aus der Gesellschaft ausscheiden will. Solche Regelungen sind sinnvoll, um Rechtsklarheit und Planungssicherheit für alle am Unternehmen beteiligten Personen zu schaffen.

Arbeitsverträge

Auch beim Thema Personal sind solide Grundverträge wichtig. Das gilt insbesondere für Arbeitsverträge. Biotech-Start-ups sollten keinesfalls versäumen, in ihre Arbeitsverträge auch Klauseln zu den Rechten am geistigen Eigentum (Intellectual Property/IP) aufzunehmen, denn geistiges Eigentum ist für den Wert und das Wachstum eines jungen Biotech-Unternehmens von zentraler Bedeutung: Schließlich muss sichergestellt werden, dass Erfindungen, die ein Arbeitnehmer im Rahmen seiner Beschäftigung für das Unternehmen macht, auch tatsächlich dem Unternehmen gehören.

Durch entsprechend klare IP-Klauseln im Arbeitsvertrag kann Rechtsstreitigkeiten vorgebeugt werden.

Zwar regelt das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen (ArbnErfG) in Deutschland bereits, wie mit dem geistigen Eigentum von Angestellten umzugehen ist, es bietet Arbeitgebern allerdings nur einen gewissen Grundschutz. Dieser ist für Unternehmen, die im Bereich Forschung und Entwicklung aktiv sind, meist nicht umfassend genug.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer können von den Regelungen im ArbnErfG abweichen, sofern sie sich vertraglich auf etwas anderes einigen. Durch entsprechend klare IP-Klauseln im Arbeitsvertrag kann Rechtsstreitigkeiten vorgebeugt werden. Zudem prüfen auch Investoren den IP-Schutz von Startups, bevor sie in deren Finanzierung einsteigen, da ungeklärte IP-Fragen ein erhebliches Investment-Risiko darstellen.

Aus dem gleichen Grund sind auch Vertraulichkeitsvereinbarungen in Arbeitsverträgen von großer Bedeutung. Sie dienen dazu, Geschäftsgeheimnisse angemessen zu schützen. Mit Hilfe solcher Vereinbarungen können Biotech-Unternehmen vertrauliche Informationen und ihr Know-how im Unternehmen halten und so ihre strategischen Vermögenswerte absichern.

Lizenzvergabe und geistiges Eigentum

In der Start-up-Phase müssen Biotech-Unternehmen häufig Partnerschaften mit anderen Unternehmen oder Einrichtungen eingehen, um ihre Forschung und Entwicklung voranzutreiben. Bevor sie sich jedoch an kommerzielle Vereinbarungen wie beispielsweise Lizenzverträge binden, ist es wichtig, dass die Gründer hinterfragen, wo sie ihr Unternehmen in zehn bis 15 Jahren sehen. Solche Überlegungen haben einen wesentlichen Einfluss auf die Entscheidung, welche Lizenzbedingungen für das Unternehmen akzeptabel sind. So können Start-ups verhindern, dass Vereinbarungen zu einem späteren Zeitpunkt zum Hindernis bei der eigenen Wachstumsstrategie werden, wenn sie beispielsweise einen Punkt erreichen, an dem sie ihre Erfindungen selbst vermarkten wollen. Dies gilt nicht nur bei privaten, sondern auch bei öffentlich-rechtlichen Partnern.

Angesichts knapper Finanzen müssen Biotech-Unternehmen außerdem auch ihre eigene IP-Strategie klug angehen, indem sie ihr geistiges Eigentum effektiv schützen und ein Bewusstsein für potenziell nützliches oder hinderliches geistiges Eigentum von Dritten entwickeln (Third Party IP). Eine Freedom to Operate-Analyse ist in diesem Zusammenhang essenziel: Die Analyse kann Aufschluss darüber geben, ob ein Unternehmen eine Erfindung, an der es arbeitet und die es später patentieren lassen will, tatsächlich nutzen und vermarkten kann, ohne die IP-Rechte von Dritten zu verletzen. Die Bewertung kann daher Aufschluss darüber geben, in welchen Bereichen Innovationen noch möglich und wirtschaftlich attraktiv sind.

Marc Holtorf

Marc L. Holtorf

Rechtsanwalt, Partner, Head of German Life Sciences

Eine solide und den aktuellen Bedürfnissen des Unternehmens angepasste IP-Strategie demonstriert Partnern und Investoren den Wert des Unternehmens. 

Biotech-Unternehmen werden zudem Patente für ihre eigenen Erfindungen sichern wollen. Diese Strategie sollte jedoch sorgfältig kalibriert werden, um sich auf Innovationen und geistiges Eigentum zu konzentrieren, die in den Zielbereichen und -märkten des Biotech-Unternehmens am wertvollsten sind. In der Regel werden Biotech-Unternehmen ihre Patente und andere IP-Rechte in Europa, Japan, China und den USA anmelden wollen, da es sich um die größten Arzneimittelmärkte handelt, Rechte am geistigen Eigentum in diesen Staaten als besonders wertvoll gelten und von Investoren und anderen Partnern sehr geschätzt werden.

Es ist wichtig, dass Biotech-Start-ups ihre IP-Strategie regelmäßig überprüfen; mit fortschreitender Forschung und Entwicklung können sich neue Möglichkeiten für ein Startup ergeben. Dies kann Anpassungen im Bereich Patente erforderlich machen und zudem weitere Freedom-to-Operate-Analysen und andere strategische Überprüfungen der IP-Landschaft erfordern.

Ein Biotech-Unternehmen, das über eine solide IP-Strategie verfügt, hat wesentlich bessere Chancen, die Früchte seiner Arbeit zu Ernten und seinen Wert auch gegenüber Investoren und Partnern unter Beweis zu stellen.   

Steuererleichterungen und sonstige Förderungen

Für ein junges Biotech-Unternehmen ist es eine Herausforderung, an die finanziellen Mittel zu gelangen, die es für seinen Betrieb und sein Wachstum benötigt. Daher können Steuererleichterungen äußerst wertvoll sein. Seit Anfang 2020 gibt es in Deutschland eine neue steuerliche Forschungs- und Entwicklungsförderung in Form einer Forschungszulage. Sie soll insbesondere die Forschungsaktivitäten kleiner und mittlerer Unternehmen anregen.

Von der Zulage profitieren können Unternehmen, die ihr Forschungs- und Entwicklungsvorhaben nach dem 1. Januar 2020 gestartet haben. Förderfähig sind Vorhaben im Bereich der Grundlagenforschung, der industriellen Forschung und der experimentellen Entwicklung. Die Höhe der Forschungszulage hängt von der Personal- und Auftragskosten des Projekts ab. Es können mehrere Vorhaben eines Unternehmens gleichzeitig in den Genuss der Zulage kommen. Die Forschungszulage kann von jedem Unternehmen beantragt werden, das Forschung und Entwicklung betreibt, seinen Sitz in Deutschland hat und hier steuerpflichtig ist. Gefördert werden eigenbetriebliche Forschung, Auftragsforschung sowie Eigenleistungen eines Einzelunternehmers.

Geisselmeier Werner

Werner Geißelmeier

Consultant

Unternehmen, die mehrere Förderungen gleichzeitig in Anspruch nehmen, müssen allerdings besonders sorgfältig auf die Bedingungen der einzelnen Programme achten.

Der förderfähige Aufwand, den ein Unternehmen geltend machen kann, ist auf 2 Millionen Euro pro Wirtschaftsjahr begrenzt. Die Forschungszulage wird auf die Ertragssteuerschuld des Unternehmens angerechnet. Ist die Forschungszulage höher als die Steuerschuld, wird sie als Steuererstattung ausgezahlt. Unternehmen, die die Zulage in Anspruch nehmen wollen, müssen zuerst eine Bescheinigung bei der Bescheinigungsstelle Forschungszulage anfordern. Mit dieser Bescheinigung kann dann die Forschungszulage beim zuständigen Finanzamt beantragt werden. Der Antrag kann immer erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahres gestellt werden, in dem die förderfähigen Aufwendungen entstanden sind. Bei mehrjährigen Vorhaben muss für jedes Wirtschaftsjahr ein Antrag auf Forschungszulage beim Finanzamt gestellt werden.

Außerdem kann ein Forschungsvorhaben gleichzeitig durch die Forschungszulage und durch andere nationale, EU- und internationale Projektförderinstrumente, wie das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand, gefördert werden. Unternehmen, die mehrere Förderungen gleichzeitig in Anspruch nehmen, müssen allerdings besonders sorgfältig auf die Bedingungen der einzelnen Programme achten, um beispielsweise unerwünschte Doppelförderungen zu vermeiden.

Talente anwerben und binden

Gerade für Startups, die zwar auf hochqualifizierte Mitarbeiter angewiesen sind, aber noch keine sehr hohen Gehälter zahlen können, ist es eine Herausforderung, als Arbeitgeber attraktiv zu sein. Dennoch ist es auch als Biotech-Start-up mit begrenztem Budget möglich, qualifiziertes Personal zu finden und zu binden. Hierzu ist es wichtig, die Stärken zu nutzen, die Unternehmen gerade in der Gründungsphase haben. Dazu zählen unter anderem ein hohes Maß an Flexibilität und Agilität. So können sich Start-ups beispielsweise attraktiv machen, indem sie ihren Mitarbeitern nicht nur hybride Arbeitsmodelle anbieten, also eine Kombination aus Büro und Homeoffice, sondern auch bei der Arbeitszeit ein gewisses Maß an Flexibilität an den Tag legen, sofern die rechtlichen Grenzen dies zulassen. Auch können Arbeitnehmer gerade bei Startups häufig eigene Ideen einbringen und schnell Verantwortung übernehmen; für Mitarbeiter mit Unternehmergeist ist dies durchaus attraktiv, weil sie Dinge im Team aktiv gestalten können.

Vor allem aber können für Startups Mitarbeiterbeteiligungsprogramme, auch „Incentive-Programme“ genannt, von Bedeutung sein. Über solche Programme werden Mitarbeiter unabhängig vom Grundgehalt am Erfolg des Unternehmens beteiligt. Das bietet gleich mehrere Vorteile: Der Mitarbeiter erhält neben seinem Grundgehalt einen weiteren wirtschaftlichen Anreiz, dem Unternehmen beizutreten. Auch wird er motiviert, sich im Unternehmen zu engagieren, um es zum Erfolg zu führen. Darüber hinaus wird so auch die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Start-up gestärkt und die Bindung gefestigt.

Die Möglichkeiten der Mitarbeiterbeteiligung sind vielfältig und hängen insbesondere von der Rechtsform des Unternehmens ab: Beispielsweise hat eine direkte Beteiligung an einer GmbH durch Übernahme von Anteilen andere Anforderungen zu erfüllen als die Beteiligung an einer Aktiengesellschaft durch Erhalt von Aktien. Daneben spielt auch die Frage eine Rolle, ob der einzelne Mitarbeiter durch die Beteiligung gewisse Mitbestimmungs- und Informationsrechte erwerben soll; denn dies ist häufig nicht gewünscht. Schließlich gibt es sogenannte virtuelle Mitarbeiterbeteiligungsmodelle, die keine echte Beteiligung an der Gesellschaft darstellen, sondern eine solche – wie der Name schon sagt – lediglich virtuell vermitteln. Die Beteiligung erfolgt hier am Erlös. Diese virtuellen Mitarbeiterbeteiligungsmodelle sind in der Praxis weit verbreitet.

 

Pinsent Masons hat sich auf die Beratung von Biotech- und Medtech-Mandanten während des gesamten Entwicklungs- und Produktlebenszyklus spezialisiert. Biotech Express von Pinsent Masons ist ein Produkt, das jungen Biotech-Unternehmen dabei hilft, eine solide rechtliche Grundlage für ihr Unternehmen zu schaffen – zum Pauschalpreis.

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