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Bundeskartellamt erhält mehr Zeit für Prüfung von Zusammenschlüssen


Die Corona-Krise stellt Behörden und Unternehmen in der Fusionskontrolle vor Herausforderungen. Ein neues Gesetz verlängert die Prüffristen nun vorübergehend und befreit  Unternehmen von Zinszahlungen bei Kartellbußgeldern.

Der Gesetzgeber hat ein Gesetz erlassen, das die Folgen der Covid-19-Pandemie im Wettbewerbsrecht abmildern soll: Als Reaktion auf die derzeit nur eingeschränkte Handlungsfähigkeit von Unternehmen, werden die Prüffristen in der Fusionskontrolle vorübergehend verlängert. Müssen Unternehmen Bußgelder zahlen, weil sie gegen Wettbewerbsregeln verstoßen haben, so werden bis Ende Juni 2021 keine Zinsen darauf anfallen. Das soll den Unternehmen eine zusätzliche finanzielle Belastung in der Wirtschaftskrise ersparen.

Geänderte Prüffristen in der Fusionskontrolle

Bislang muss das Bundeskartellamt eine Transaktion innerhalb eines Monats nach Eingang der vollständigen Fusionskontrollanmeldung prüfen (Phase I) und, sofern wettbewerbliche Bedenken bestehen, in eine vertiefte Prüfung eintreten (Phase II). Kommt es zu diesem Hauptverfahren, hat die Behörde ab Eingang der vollständigen Anmeldung insgesamt vier Monate Zeit, eine Entscheidung zu treffen.

Eine Transaktion gilt als freigegeben, wenn die Behörde nicht innerhalb eines Monats ein Hauptprüfverfahren einleitet beziehungsweise innerhalb von vier Monaten das Vorhaben untersagt.

Um die Auswirkungen eines Zusammenschlusses beurteilen zu können, führt das Kartellamt insbesondere in komplexeren Fällen sogenannte Markttests durch, bei denen es etwa Kunden oder Wettbewerber zum jeweiligen Vorhaben befragt. „In Zeiten von Covid-19 erweisen sich die geltenden Fristen als zu knapp bemessen, weil das Bundeskartellamt auf Befragungen von Marktteilnehmern nur sehr zeitverzögert eine Antwort oder gar keine Rückmeldung erhält”, so Prof. Dr. Hans Jürgen Meyer-Lindemann, Experte für Kartellrecht bei Pinsent Masons, der Kanzlei hinter Out-Law. „Das aber verhindert, dass die Behörde die tatsächlichen Auswirkungen eines Zusammenschlussvorhabens angemessen und rechtssicher beurteilen kann, so Meyer-Lindemann. Zu Problemen bei der Informationsbeschaffung kommt es nach der Gesetzesbegründung derzeit insbesondere im Lebensmitteleinzelhandel, wo das Bundeskartellamt regelmäßig Befragungen von Marktteilnehmern auf mehreren regionalen Märkten durchführen muss.

Der Gesetzgeber reagiert auf dieses Problem und hat die im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) vorgesehenen Prüffristen für Verfahren in Phase I von einem auf zwei Monate und für das Hauptprüfverfahren von vier auf sechs Monate ausgedehnt. Die geänderten Fristen werden für alle Anmeldungen gelten, die in der Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. Mai 2020 bei der Behörde eingegangen sind oder eingehen, sofern sie nicht bereits freigegeben wurden oder die Freigabe als erteilt gilt.

„Da das Bundeskartellamt derzeit bekanntermaßen arbeitsfähig ist, ist davon auszugehen, dass in einfach gelagerten Fällen eine Bearbeitung der Anmeldungen wie üblich erfolgen kann und die Verlängerung der Prüffristen eher in komplexen Fällen zum Tragen kommt”, so Dr. Laura Stammwitz, Expertin für Kartellrecht bei Pinsent Masons. „Im Hauptprüfverfahren wird die Gesetzesänderung praktisch aber keine großen Auswirkungen haben, da den Parteien im gegenwärtigen Fusionskontrollregime ohnehin eine Verlängerung gewährt werden kann.” Andere Wettbewerbsbehörden mussten auf die neuen Herausforderungen weitaus früher reagieren und haben ihre Handlungsfähigkeit durch eine großzügigere Ausgestaltung der Prüffristen in der Fusionskontrolle abgesichert, etwa in Italien, Österreich oder Dänemark.

„Die durch das neue Gesetz erreichte großzügigere Bearbeitungszeit müssen die Parteien bei der zeitlichen Planung ihrer Transaktion berücksichtigen, insbesondere, wenn einzelne vertragliche Regelungen auf das Fusionskontrollverfahren Bezug nehmen”, so Dr. Stammwitz. „Die zu erwartende Bearbeitungszeit kann durch eine Kontaktaufnahme mit der betreffenden Beschlussabteilung weiter konkretisiert werden.”

Weitere Zahlungserleichterungen im Bußgeldrecht

Wegen der gravierenden volkswirtschaftlichen Auswirkungen und Nachwirkungen der aktuellen Krise wird die Verzinsungspflicht durch das neue Gesetz bis zum 30. Juni 2021 ausgesetzt. Die Behörde soll die Zahlung von Bußgeldern nun zinslos stunden oder eine Ratenzahlung vereinbaren können, um dadurch zusätzlichen wirtschaftlichen Druck von den betroffenen Unternehmen zu nehmen, so die Gesetzesbegründung.

Bereits in der Vergangenheit konnte das Bundeskartellamt bei Bußgeldern Stundungen oder Ratenzahlungen gewähren. Das war allerdings nur möglich, wenn es dem Unternehmen wegen seiner wirtschaftlichen Verhältnisse unzumutbar war, das Bußgeld zu zahlen. Eine Befreiung von den Zinsen für das Bußgeld war laut GWB bislang allerdings nicht machbar.

[AKTUALISIERT am 28. 05. 2020: Dieser Artikel wurde aktualisiert, um Änderungen nach Verkündung des Gesetzes aufzunehmen.]

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