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EuGH-Urteil erleichtert Verfahren für Unternehmen, die eine Marke löschen lassen wollen


Ein Unternehmen, das vor Gericht erreichen will, dass die Marke eines anderen Unternehmens gelöscht wird, weil dieses besagte Marke nicht „ernsthaft benutzt“ hat, muss keine vertiefte Marktrecherche vornehmen, um die eigene Klage hinreichend zu untermauern.

Vielmehr ist es am Ende des Tages an der Markeninhaberin darzulegen, dass sie ihr Zeichen „ernsthaft benutzt“ hat. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) vergangene Woche entschieden. Die konkrete Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Zeichenverwendung trifft im Löschungsverfahren die Markeninhaberin, auch wenn dem Kläger grundsätzlich obliegt, alle die Klage begründenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen.

 

„Das aktuelle Urteil des EuGH ist für die Praxis von großer Bedeutung, da es Rechtsklarheit hinsichtlich der im Zivilprozess wichtigen Frage schafft, wer die konkrete Beweis- und Darlegungslast in einem Verfahren über den Antrag auf Erklärung des Verfalls einer Marke wegen Nichtbenutzung zu tragen hat“, so Dr. Nils Rauer, Experte für Markenrecht bei Pinsent Masons.

Das Urteil bezieht sich auf einen Rechtsstreit zwischen der Maxxus Group GmbH & Co. KG und der Globus Holding GmbH & Co. KG. Die Maxxus Group hatte beim Landgericht Saarbrücken darauf geklagt, dass die Wortmarke MAXUS sowie eine Bildmarke für verfallen erklärt werden. Beide Marken hatte Globus im Jahr 1996 beim Deutschen Patent- und Markenamt eintragen lassen.

Eine Marke kann gemäß der EU-Markenrechtsrichtlinie für verfallen erklärt werden, wenn sie innerhalb von fünf Jahren „in dem betreffenden Mitgliedstaat für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.“

Die Maxxus Group begründete ihre Klage damit, dass die Globus Holding beide Marken in den letzten fünf Jahren nicht rechtserhaltend genutzt habe. Dies hätten Online-Recherchen, auch auf der Internetseite von Globus, ergeben. Zudem hatte die Maxxus Group eine Detektei mir Recherchen beauftragt. Die Globus Holding hielt dem entgegen, sie habe die beiden in Rede stehenden Marken rechtserhaltend benutzt.

Das Landgericht Saarbrücken sah sich daher mit der Frage konfrontiert, ob die Globus Holding konkrete Nachweise darüber erbringen muss, dass und wie sie die Marken rechterhaltend genutzt hat, oder ob es viel mehr an der Maxxus Group ist, detailliert nachzuweisen, dass die Marken nicht benutzt wurden. Da es in dieser Frage einen möglichen Konflikt zwischen deutschem und europäischem Recht sah, legte das Landgericht Saarbrücken den Fall dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.

„In Deutschland, wie auch in vielen anderen Jurisdiktionen, ist es grundsätzlich so, dass die klagende Partei die für sie günstigen Tatsachen substantiiert vorzutragen und auch zu beweisen hat. Im Zusammenhang mit markenrechtlichen Löschungsklagen wegen mangelnder Benutzung würde dies aber dazu führen, dass die klagende Partei eine nicht erfolgte Handlung beweisen müsste, was erfahrungsgemäß äußerst schwierig ist. Der Markeninhaber ist hier viel näher am Geschehen respektive Nicht-Geschehen“, erläutert Dr. Rauer den Hintergrund.

Rauer Nils

Dr. Nils Rauer, MJI

Rechtsanwalt, Partner

Die Entscheidung des EuGH schafft hinsichtlich der Darlegungslast in entsprechenden Verfahren die nötige Rechtsklarheit.

Bereits 2020 hat der EuGH in einem viel beachteten Urteil  klargestellt, dass die EU-Markenrechtrichtlinie so auszulegen ist, dass die Beweislast in Verfahren, in denen es um die Frage einer ernsthaften Benutzung eines Zeichens geht, den Markeninhaber trifft: „Schon im sogenannten Ferrari-Urteil ging es um den Konflikt zwischen nationalen Verfahrensbestimmungen zur Darlegungs- und Beweislast und der markenrechtlichen Formulierung der Verfallsgründe auf Unionsebene. Die Luxemburger Richter stellten dabei klar, dass Artikel 12 Absatz 1 der Richtlinie 2008/95 dahin auszulegen ist, dass den Inhaber einer Marke die Beweislast dafür trifft, dass die Marke im Sinne dieser Bestimmung ‚ernsthaft benutzt‘ worden ist“, so Dr. Rauer.

In Anwendung dieses Urteils ging das Landgericht Saarbrücken davon aus, dass die Beweislast dafür, dass eine Marke „ernsthaft benutzt“ wurde, den Markeninhaber treffe. Es nahm jedoch an, dass die nach deutschem Recht von der Beweislast abzugrenzende Darlegungslast nicht den Markeninhaber treffe, sondern denjenigen, der die Marke löschen lassen will. Um sich in dieser Annahme abzusichern, richtete es zwei Fragen an den EuGH.

Der EuGH stellt fest, dass es den Mitgliedstaaten nicht freistehe, eigene Regeln zu Beweis- und Darlegungslast bei Markenlöschungen festzulegen. Zudem stellten die Luxemburger Richter nochmals klar, dass Artikel 19 der Markenrechtrichtlinie dahin auszulegen sei, „dass den Inhaber einer Marke die Beweislast dafür trifft, dass die Marke im Sinne dieser Bestimmung ‚ernsthaft benutzt‘ worden ist“. Der Inhaber der streitigen Marke sei nämlich am besten in der Lage, Beweise dafür zu erbringen, dass seine Marke ernsthaft benutzt wurde.

 

Experten heben hervor, dass dies die klagende Partei gleichwohl nicht davon entbindet, den Sachverhalt, auf den sie ihre Ansprüche stützt, umfassend darzulegen und zu substantiieren. In Löschungsverfahren ist dies aber stets nur bis zu einem bestimmten Grad möglich. Dies bestätigt der EuGH nun und macht deutlich, dass die klagende Partei – hier also die Maxxus Group –  im Rahmen ihrer Klage nicht dazu verpflichtet ist, umfängliche Recherchen am Markt vorzunehmen, um zu klären, ob die Markeninhaberin ihre Marke „ernsthaft benutzt“ hat oder nicht.

 

„Die Entscheidung des EuGH schafft hinsichtlich der Darlegungslast in entsprechenden Verfahren die nötige Rechtsklarheit. Die Verfahrensregel, dass der Kläger seine Klage substantiieren muss, findet dort seine Grenze, wo es nach Unionsrecht Sache des Markeninhabers ist, Beweis für eine hinreichende Markenbenutzung zu erbringen.“

Die Befürchtung des Landgerichts Saarbrücken, dass eine solche Rechtsauslegung zu einer Zunahme missbräuchlicher Löschungsklagen führen könnte, teilt der EuGH nicht. Er erklärt, dass missbräuchlichen Löschungsklagen auch durch andere verfahrensrechtliche Mittel vorgebeugt werden kann.

Auch die ebenfalls vom Landgericht Saarbrücken vorgetragene These, dass Unternehmen Löschungsklagen erheben könnten, nur um so Kenntnis über Geschäftsgeheimnisse des Markeninhabers zu erlangen, hält der EuGH für unbegründet. Schließlich müsse sich der Nachweise für die ernsthafte Benutzung einer Marke auf deren Benutzung auf dem Markt beziehen. Es handle sich also nicht um rein interne Informationen und folglich auch nicht um Geschäftsgeheimnisse.

 

Co-Autorin: Victoria Comes von Pinsent Masons

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