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Ungarisches Urteil schmälert nicht die Bedeutung des deutschen EPG-Verfahrens


Die Teilnahme Ungarns am neuen Einheitspatentsystem und am Einheitlichen Patentgericht (EPG) ist nach einem kürzlich ergangenen Urteil fraglich geworden. Das größere Risiko für die Zukunft des EPG-Projekts insgesamt stellt jedoch ein laufender Rechtsstreit in Deutschland dar, warnt ein Patentanwalt.

Am 29. Juni veröffentlichte das ungarische Verfassungsgericht ein Urteil, wonach die Bestimmungen des EPG-Übereinkommens nicht mit der ungarischen Verfassung vereinbar sind.

Das ungarische Gericht verwies dabei auf die Tatsache, dass es sich beim EPG-Übereinkommen nicht um formelles EU-Recht, sondern um einen internationalen Vertrag auf Basis des im Vertrag von Lissabon vorgesehenen Mechanismus der ‚verstärkten Zusammenarbeit‘ handelt. Dieser Mechanismus erlaubt neun oder mehr EU-Ländern die Nutzung der Prozesse und Strukturen der EU zur Einführung von gemeinsamen Regelungen, die nur für diese Länder verbindlich sind. Die Pläne zur Schaffung eines neuen Einheitspatent- und EPG-Systems wurden auf Basis des Mechanismus der verstärkten Zusammenarbeit entwickelt.

Das ungarische Gericht erachtet die Verlagerung der Beilegung privater Rechtsstreitigkeiten von ungarischen Gerichten auf eine nicht in den EU-Gründungsverträgen vorgesehene internationale Institution – das EPG – als verfassungswidrig, wie aus einer Zusammenfassung des ungarischen Patent- und Markenamtes hervorgeht.

Mindestens 13 EU-Länder, darunter die drei mit den meisten gültigen europäischen Patenten im Jahr 2012 - Deutschland, Frankreich und Großbritannien -, müssen nationale Gesetze verabschieden, um das von den beteiligten Staaten im Jahr 2013 geschlossene EPG-Übereinkommen zu ratifizieren.

Während bis heute 16 EU-Länder, darunter Großbritannien und Frankreich, das EPG-Übereinkommen ratifiziert haben, ist dieser Akt in Deutschland bisher noch nicht vollzogen worden, obwohl ein entsprechendes Gesetz bereits 2017 verabschiedet wurde.

Der deutsche Ratifizierungsprozess wurde durch eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht verzögert. Einzelheiten zur Begründung dieser Klage wurden im vergangenen Sommer bekannt.

Das Karlsruher Gericht hat den Fall in die Liste der Verfahren aufgenommen, über die noch in diesem Jahr verhandelt werden soll. Es wurde jedoch noch kein genauer Verhandlungstermin bekanntgegeben und es ist daher unklar, wann mit einem Urteil zu rechnen ist. Die Tatsache, dass der Fall zur Verhandlung angenommen wurde, deutet jedoch darauf hin, dass das Gericht die Beschwerde nicht für offensichtlich unbegründet hält.

Der Münchner Anwalt Peter Koch von Pinsent Masons, der Kanzlei hinter Out-Law.com: „Wenn Ungarn am neuen Einheitspatent- und EPG-System teilnehmen will, muss wohl eine Änderung der ungarischen Verfassung vorgenommen werden. Dies ist etwas, was dort offensichtlich häufiger vorkommt als in anderen Ländern. Das Ganze dürfte die Teilnahme Ungarns verzögern, wird aber kaum ein echter ‚Dealbreaker‘ sein oder werden.“

„Im Gegensatz dazu befasst sich die deutsche Verfassungsbeschwerde mit einer ganzen Reihe von Fragen, von denen einige leichter zu lösen sind als andere, wie zum Beispiel die notwendige Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern für eine erfolgreiche Ratifizierung des EPG-Übereinkommens in Deutschland“, so Koch.

„Rechtsanwalt Ingve Stjerna, der Initiator der Verfassungsbeschwerde in Deutschland, behauptet unter anderem, dass die Ratifizierung des EPG-Übereinkommens zu einer verfassungswidrigen Übertragung von deutschen Hoheitsrechten auf die EU führe und dass die Richter am EPG nicht unabhängig seien. Das ist ein viel größeres Risiko für das EPG-System“, so Koch.

Im Mai haben Koch und andere Patentrechtsexperten bei Pinsent Masons genauer analysiert, wie die Reformen zur Einführung eines Einheitspatents und des EPG aussehen, was sie für Unternehmen in Sektoren wie Technologie und Biowissenschaften bedeuten könnten und welche Maßnahmen noch getroffen werden müssen, damit der neue Rechtsrahmen in Kraft treten kann. Dabei ging es auch um solche Maßnahmen, die im Hinblick auf den Brexit notwendig werden könnten.

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