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Digitale-Dienste-Gesetz konzentriert sich auf Online-Vermittler


Der von der EU-Kommission veröffentlichte Entwurf eines Digitale-Dienste-Gesetzes konfrontiert Online-Vermittler in der EU mit einer Reihe von möglichen neuen Verpflichtungen in Bezug auf die Lieferung von Waren, Dienstleistungen und digitalen Inhalten.

Der Gesetzesentwurf wurde zusammen mit dem Entwurf eines neuen Digitale-Märkte-Gesetzes vorgestellt. Beide Legislativvorhaben enthalten neue Bestimmungen für digitale Dienste sowie für Social Media, Online-Marktplätze und andere digitale Plattformen, die in der Europäischen Union tätig sind. Das Gesetzespaket wird häufig auch als „Plattform-Grundgesetz“ bezeichnet.

Eines der Hauptziele des Digitale-Dienste-Gesetzes ist es, die Grundlagen für eine effektive Eliminierung illegaler Online-Inhalte zu schaffen. Zudem soll die Haftung von Anbietern von Vermittlungsdiensten vereinheitlicht werden. Insoweit baut das Vorhaben auf der E-Commerce-Richtlinie auf.

In dem Entwurf werden neue Sorgfaltspflichten für Service Provider vorgeschlagen, dies unterteilt in vier Stufen. Die Grundanforderungen sollen für alle Anbieter gelten, wobei zusätzliche Verpflichtungen für die Unternehmen auf den jeweiligen Stufen hinzukämen.

Stufe eins: Basisanforderungen

Anbieter von Vermittlungsdiensten sind Provider, die einen „reinen Durchleitungsdienst“, einen „Caching“-Dienst oder einen „Hosting“-Dienst“ bereitstellen. Alle drei Begriffe kommen bereits in der bestehenden E-Commerce-Richtlinie vor, die Definitionen wurden in den Entwurf des Digital-Dienste-Gesetzes übernommen. Ein reiner Durchleitungsdienst zeichnet sich damit dadurch aus, dass er Informationen zwischen einem Absender und einem Empfänger über ein Kommunikationsnetz weiterleitet oder den Zugang zu diesem Netz erleichtert. Ein Caching-Dienst ist dagegen ein Dienst, der Informationen automatisch und vorübergehend zwischenspeichert, um die weitere Übertragung von Informationen zu erleichtern. Ein Hosting-Dienst speichert schließlich Informationen, die von Empfängern bereitgestellt werden, auf deren Wunsch ab.

Gemäß dem neuen Gesetzesvorschlag müssen alle betroffenen Anbieter eine zentrale Kontaktstelle einrichten. Zudem müssen sie in ihren Geschäftsbedingungen auf Beschränkungen hinweisen, die sie für die Nutzung ihrer Dienste auferlegen. Eine neue Pflicht zur Berichterstattung über Content-Moderation – also das Einwirken auf Inhalte durch die Dienste-Anbieter – ist ebenfalls vorgesehen.

Stufe zwei: Hosting-Anbieter und Online-Plattformen

Die zweite Stufe der vorgeschlagenen Verpflichtungen bezieht sich auf Hosting-Anbieter, einschließlich Online-Plattformen. Eine Online-Plattform definiert sich als ein Hosting-Dienst, der darüber hinaus im Auftrag von Empfängern Informationen an die Öffentlichkeit verbreitet.

Hosting-Provider und Online-Plattformen müssen leicht zugängliche, benutzerfreundliche Mechanismen einrichten, die es den Nutzern ermöglichen, sie über illegale Inhalte auf ihren Plattformen zu informieren. Zudem müssen sie Nutzern eine Erklärung liefern, wenn sie den Zugang zu Informationen sperren oder Informationen entfernen.

Stufe drei: Online-Plattformen

Zu den wichtigsten zusätzlichen Anforderungen, die nach den Vorschlägen der Kommission nur für Online-Plattformen gelten sollen, gehört die Pflicht, Strafverfolgungsbehörden zu benachrichtigen, wenn die Plattform-Anbieter Kenntnis von Informationen erhalten, die den Verdacht begründen, dass eine schwere Straftat mit einer Bedrohung für das Leben oder die Sicherheit von Personen stattgefunden hat, stattfindet oder wahrscheinlich stattfinden wird.

Online-Plattformen werden außerdem verpflichtet, Personen, die häufig illegale Inhalte veröffentlichen, zu sperren und auf sogenannte „Trusted Flaggers“ einzugehen – das sind Stellen, die als Spezialisten für das Aufspüren, Identifizieren und Melden illegaler Inhalte benannt wurden. Von solchen Stellen gemeldete Inhalte müssen umgehend überprüfen und Entscheidungen über deren Entfernung oder Deaktivierung prompt getroffen werden.

Entsprechende Plattformen, die den Handel zwischen Unternehmen und Verbrauchern erleichtern, werden gemäß Gesetzesentwurf auch dazu verpflichtet, von den Händlern eine Reihe von Angaben abzufragen, damit die Händler zurückverfolgt werden können. Die Plattformen müssen außerdem „angemessene Anstrengungen“ unternehmen, um zu beurteilen, ob die bereitgestellten Informationen zuverlässig sind und Händler auffordern, die bereitgestellten Informationen zu aktualisieren, wenn dies nicht der Fall ist. Sollte der Händler dennoch keine vollständigen Informationen bereitstellen, müssen sie ihn sperren.

Eine zusätzliche Transparenzberichterstattung ist ebenfalls vorgesehen. Online-Plattformen sollen unter anderem die Durchschnittlichen monatlichen Anzahl ihrer Nutzer, die Anzahl der gegen Nutzer verhängten Sperrungen und die Anzahl der im Zusammenhang mit der Entfernung von Inhalten erzielten außergerichtlichen Einigungen melden.

Neue Verpflichtungen rund um digitale Werbung auf Online-Plattformen werden ebenfalls vorgeschlagen. Online-Plattformen müssen danach sicherstellen, dass Werbung für Nutzer klar, unmissverständlich und in Echtzeit als solche ausgewiesen wird. Dies beinhaltet, dass die Nutzer über die Identität des Werbetreibenden informiert werden. Zudem müssen ihnen aussagekräftige Informationen darüber angezeigt werden, aufgrund welcher Parameter ihnen gerade diese Werbung angezeigt wurde.

„Diese zusätzlichen Informationen über Online-Werbung sollten es Einzelpersonen ermöglichen, besser zu verstehen, wie ihre persönlichen Daten verwendet werden und warum sie bestimmte Werbung erhalten“, so Datenschutzexpertin Michele Voznick von Pinsent Masons, der Anwaltskanzlei hinter Out-Law.

Stufe vier: Vorschläge für sehr große Online-Plattformen

Als „sehr große Online-Plattformen“ werden solche definiert, die ihre Dienste für durchschnittlich 45 Millionen oder mehr monatlich aktive Empfängern in der EU bereitstellen – das wären etwa zehn Prozent der EU-Bevölkerung. Für Plattformen, die dieses Kriterium erfüllen, gelten die umfangreichten Anforderungen, die die EU-Kommission im Digitale-Dienste-Gesetzesentwurf vorsieht.

Nach den Plänen der Kommission sollen sehr große Online-Plattformen einer neuen Pflicht unterliegen, „signifikante systemische Risiken, die sich aus der Funktionsweise und Nutzung ihrer Dienste in der EU ergeben“, zu identifizieren, zu analysieren und zu bewerten. Das soll auch in Bezug auf die Verbreitung illegaler Inhalte über ihre Dienste, etwaige negative Auswirkungen auf die Ausübung einer Reihe von Grundrechten sowie die absichtliche Manipulation ihrer Dienste gelten. „Angemessene, verhältnismäßige und wirksame Abhilfemaßnahmen, die auf die spezifischen identifizierten systemischen Risiken zugeschnitten sind“, müssen dann von den Plattformen umgesetzt werden.

Von sehr großen Online-Plattformen wird außerdem erwartet, dass sie Compliance-Beauftragte ernennen, um die Einhaltung des Digitale-Dienste-Gesetzes zu überwachen. Sie sollen sich zudem für externe Prüfungen öffnen, Daten auf Anfrage mit den Aufsichtsbehörden teilen und den Nutzern gegenüber offenlegen, welche Empfehlungen sie anzeigen.

Der Gesetzesentwurf sieht auch vor, dass neue Verhaltenskodizes zum Umgang mit illegalen Inhalten und systemischen Risiken sowie zur Erfüllung der vorgeschlagenen neuen Pflichten im Bereich der Online-Werbung entwickelt werden.

Die Vorschläge lassen zudem Spielraum dafür, dass die Kommission mit der Industrie und anderen Interessengruppen an neuen „Krisenprotokollen“ arbeiten kann, um Informationen zur öffentlichen Sicherheit oder öffentlichen Gesundheit besser verbreiten zu können.

Kontrolle und Durchsetzung

Jeder EU-Mitgliedsstaat wird verpflichtet, einen „Koordinator für digitale Dienste“ zu ernennen, also eine unabhängige Behörde, die für die Durchsetzung des neune Gesetzes verantwortlich ist. „Es ist angedacht, dass diese Koordinatoren weitreichende Ermittlungs- und Überwachungsbefugnisse erhalten“, so Dr. Nils Rauer, Experte für Technologierecht bei Pinsent Masons. „Zudem ist ein strenges Sanktionssystem vorgesehen. Die Mitgliedsstaaten wären dafür verantwortlich, ‚wirksame, verhältnismäßige und abschreckende‘ Sanktionen für die Nichteinhaltung festzulegen, zugleich räumt die Verordnung ein, dass Geldstrafen in Höhe von bis zu sechs Prozent des Gesamtumsatzes des vorigen Geschäftsjahrs eines Anbieters verhängt werden können, wenn Kernbestimmungen der Gesetzgebung nicht eingehalten werden. Kleinere, eher technische Verstöße könnten Bußgelder in Höhe von bis zu einem Prozent des Gesamtumsatzes zur Folge haben. Darüber hinaus werden Zwangsgelder in Höhe von maximal fünf Prozent des durchschnittlichen Tagesumsatzes im vorigen Geschäftsjahr pro Tag als Option skizziert“, so Dr. Rauer.

Im nächsten Schritt der Gesetzgebung werden das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten die Vorschläge der EU-Kommission erörtern. Experten zufolge wird der Abstimmungsprozess mehrere Jahre in Anspruch nehmen.

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