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Umwandlung in eine SE darf Mitbestimmungsrechte der Gewerkschaften nicht schmälern


Bei der Umwandlung einer Gesellschaft deutschen Rechts in eine SE dürfen die Mitbestimmungsrechte der Gewerkschaften nicht beschnitten werden. Das hat der EuGH entschieden.

Das Unternehmen SAP hatte im Jahr 2014 seine Rechtsform gewechselt, indem es sich von einer Aktiengesellschaft deutschen Rechts (AG) in eine Europäische Gesellschaft (Societas Europaea/SE) umgewandelt hatte. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun entschieden, dass dieser Schritt die Mitbestimmungsmöglichkeiten der im Unternehmen vertretenen Gewerkschaften nicht schwächen darf.

Experten zufolge dürfte die Entscheidung auch für zahlreiche andere Unternehmen von Interesse sein, die einen Rechtsformwechsel in eine SE durchgeführt haben oder eine solche Umwandlung planen.

In dem vor dem EuGH verhandelten Fall hatten die Gewerkschaften IG Metall und Verdi dagegen geklagt, dass in Folge der Umwandlung von SAP in eine SE das Wahlverfahren, mit dem Sitze im Aufsichtsrat des Unternehmens an Arbeitnehmervertreter vergeben werden, geändert werden könnte – mit der möglichen Folge, dass weniger Gewerkschaftsvertreter in den Aufsichtsrat gewählt würden. Das mit dem Fall betraute Bundesarbeitsgericht hatte den Fall dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der urteilte, dass die Umwandlung von einer AG in einer SE die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer nicht schwächen dürfe.

Vor ihrer Umwandlung in eine SE bestand der SAP-Aufsichtsrat aus insgesamt 16 Mitgliedern: acht Mitgliedern der Anteilseigner und acht Mitgliedern der Arbeitnehmer. Die Arbeitnehmervertreter setzten sich zusammen aus sechs Arbeitnehmern von SAP und zwei Gewerkschaftsvertretern. Die Gewerkschaftsvertreter wurden von den Gewerkschaften zur Wahl vorgeschlagen und getrennt von den sechs übrigen Arbeitnehmervertretern gewählt.

Nach der Umwandlung in eine SE im Jahr 2014 wuchs der SAP-Aufsichtsrat auf 18 Mitglieder an, hiervon neun Arbeitnehmervertreter. Die Beteiligungsvereinbarung der SE sieht jedoch vor, dass der Aufsichtsrat auch auf zwölf Mitglieder – hiervon sechs Arbeitnehmervertreter – verkleinert werden kann. Die streitigen Regelungen sahen in diesem Fall vor, dass die Gewerkschaften zwar weiterhin Kandidaten für einen Teil der sechs Sitze der Arbeitnehmervertreter vorschlagen dürften, diese Kandidaten jedoch nicht mehr in einem getrennten Wahlgang gewählt würden.  Die Gewerkschaftsvertreter hätten also mit anderen Arbeitnehmern der SAP SE um die Plätze im Aufsichtsrat konkurrieren müssen. „Somit wäre nicht mehr sichergestellt gewesen, dass sich unter den Vertretern der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat auch tatsächlich ein Gewerkschaftsvertreter befindet – die Gewerkschaften befürchteten daher einen erheblichen Einflussverlust“, so Prof. Dr. David Stoppelmann, Experte für Arbeitsrecht bei Pinsent Masons, der Kanzlei hinter Out-Law.

Nach deutschem Recht muss jedoch bei der Umwandlung in eine SE die Einflussnahme der Arbeitnehmer auf die Beschlussfassung der Gesellschaft in gleichem oder gleichwertigem Umfang erhalten bleiben. Dem Bundesarbeitsgericht zufolge dient ein getrennter Wahlgang für Gewerkschaftskandidaten dem Zweck, den Einfluss der Arbeitnehmervertreter auf die Beschlussfassung innerhalb eines Unternehmens zu stärken. Denn durch den getrennten Wahlgang werde sichergestellt, dass zu diesen Vertretern Personen gehören, die „über ein hohes Maß an Vertrautheit mit den Gegebenheiten und Bedürfnissen des Unternehmens verfügten“, und die gleichzeitig „externen Sachverstand“ mit einbringen können.

In seinem Urteil stellte der EuGH fest, dass ein Unternehmen, das in eine SE umgewandelt wurde, an dem getrennten Wahlgang für Gewerkschaftsvertreter festhalten muss, sofern das nationale Recht dieses Vorgehen für die frühere Rechtsform des Unternehmens vorsieht. „Der EuGH unterstreicht damit das geltende Vorher-Nachher-Prinzip“, so David Stoppelmann. Es sei nicht im Sinne der EU gewesen, mit der Einführung der Rechtsform der SE auch ein europaweit einheitliches Modell für die Beteiligung der Arbeitnehmervertreter zu schaffen. Dafür gebe es auf diesem Gebiet zu viele unterschiedliche Regelungen und Gepflogenheiten in den einzelnen Mitgliedstaaten.

Ferner stellte der EuGH klar, dass nicht nur deutsche Gewerkschaften Kandidaten für den getrennten Wahlgang vorschlagen dürfen: Das Recht, Kandidaten vorzuschlagen, müsse auf alle in der SE, ihren Tochtergesellschaften und Betrieben vertretenen Gewerkschaften ausgeweitet werden.

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