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Nachhaltigkeit im Gesellschaftsrecht Teil I : Stiftungsformen und Stiftungsrechtsreform


Bei der Verfolgung nachhaltiger und gemeinnütziger Zwecke ist es wichtig, auch den zum Vorhaben passenden rechtlichen Rahmen zu wählen. Die Stiftung ist ein Klassiker unter den gemeinnützigen Rechtsformen und hat gerade erst ein gesetzgeberisches Update erfahren: Zum 1. Juli 2023 wird ein bundesweit einheitliches Stiftungsrecht eingeführt.

Stiftungswesen und Gemeinnützigkeit haben in Deutschland eine lange Tradition. Gesellschaftliches und soziales Engagement, die Förderung von Umwelt, Bildung, Wissenschaft und Kultur folgen dabei dem Ziel nachhaltigen Handelns. Die Gründe, aus denen gemeinnütziges Engagement erwächst, sind vielfältig.

Einzelpersonen wie auch Unternehmen stehen verschiedene gesellschaftsrechtliche Instrumente zur Verfügung, die sie nutzen können, um nachhaltig zu gestalten und gemeinnützige Ziele zu verfolgen. Die rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts ist hierbei die klassische und wohl bekannteste Rechtsform.

Die Anzahl der Stiftungen bürgerlichen Rechts in Deutschland stieg in den vergangenen fast zwanzig Jahren stetig. Laut Bericht des Bundesverbands Deutscher Stiftungen (PDF/479 KB), wurden 2020 mit 721 Neugründungen fast 25 Prozent mehr Stiftungen bürgerlichen Rechts gegründet als noch im Jahr 2019. Insgesamt stieg die Zahl der Stiftungen damit von 23.230 im Jahr 2019 auf 23.876 im Jahr 2020. Das besondere Bewusstsein für und die Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung zeigt sich damit insbesondere und gerade auch in herausfordernden Zeiten.

Betrachtet man bei den bestehenden Stiftungen die Person der Stifter genauer, waren es im Jahr 2020 mit fast 64 Prozent in den meisten Fällen natürliche Personen, die noch zu Lebzeiten oder aufgrund eines Testaments das eigene Vermögen in eine Stiftung überführt haben. Knapp ein Drittel aller Stiftungen sind von juristischen Personen errichtet. „Gesellschaft“, „Bildung“ und „Kunst und Kultur“ sind laut Bundesverband Deutscher Stiftungen die am häufigsten verfolgten Stiftungszwecke.

Bei der Gründung einer nachhaltigen oder gemeinnützigen Unternehmung sollte jedoch genau abgewogen werden, ob eine Stiftung die passende Rechtsform ist und dem Stifterwillen gerecht wird.

Die Reform des Stiftungsrechts

Das Stiftungsrecht wird gegenwärtig in 16 verschiedenen Landesgesetzen ausgestaltet. Neben einer überschaubaren Anzahl von allgemeinen Vorschriften, die sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) finden, ist das Stiftungsrecht damit ein Flickenteppich föderaler Ordnung.

Voraussetzungen für die Gründung einer Stiftung und die Anforderungen an die inhaltliche Ausgestaltung sind folglich Sache der Länder und Landesaufsichtsbehörden, denen die jeweilige Stiftung – abhängig von ihrem Sitz – unterworfen ist.

Im Juni 2021 hat der Deutsche Bundestag das neue Stiftungsrecht verabschiedet. Mit dem Gesetz, das zum 1. Juli 2023 in Kraft tritt, wird ein bundeseinheitliches Stiftungsrecht geschaffen, das zahlreiche Neuerungen beinhaltet und den heutigen Anforderungen der Stiftungspraxis ein Stück entgegenkommt. So wird es beispielsweise möglich sein, eine Ewigkeitsstiftung in eine Verbrauchsstiftung umzuwandeln. Zudem wird ein bundesweites Stiftungsregister mit Publizitätswirkung eingeführt.

 Stifter sollten bereits jetzt das neue Gesetz im Blick haben und gegebenenfalls bei der Gestaltung der Satzungen entsprechend berücksichtigen. Auch sollten bestehende Stiftungssatzungen auf einen möglichen Korrekturbedarf hin überprüft werden.

Die Stiftung bürgerlichen Rechts

Der Begriff der „Stiftung“ dient oftmals als Oberbegriff für verschiedene Gestaltungs- und Rechtsformen. Im engeren Sinne ist unter der Stiftung die „rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts“ (in selteneren Fällen „des öffentlichen Rechts“) zu verstehen.

Bei der rechtsfähigen Stiftung des bürgerlichen Rechts ist zwischen der gemeinnützigen und der privatnützigen Stiftung zu unterschieden. Nur die gemeinnützige Stiftung kommt in den Genuss steuerlicher Vorteile, die das Gesetz für die gemeinnützige Zweckverfolgung bereithält. Sie kann zu Lebzeiten des Stifters oder nach dessen Tod errichtet werden; auf Ewigkeit oder in Form der zweck- beziehungsweise zeitbestimmten Verbrauchsstiftung. Zentrales Instrument ist die Stiftungsatzung. In ihr kommen der Stifterwille und Stiftungszweck zum Ausdruck.

Die Satzung, und vor allem der darin definierte Stiftungszweck, müssen gewissenhaft formuliert werden. Stifter sollten sich für die Errichtung einer Stiftung daher lieber etwas mehr Zeit nehmen. Am Stiftungszweck wird schließlich auch gemessen, ob die Stiftung über ein ausreichendes Stiftungsvermögen verfügt, um diesen zu erfüllen. Ist das gewährleistet, erfolgt die Anerkennung durch die jeweilige Aufsichtsbehörde des Landes, in dem die Stiftung ihren Sitz hat. Den Status „gemeinnützig“ erteilt das zuständige Finanzamt.

Die Gründung einer Stiftung bedarf somit einer gründlichen und sorgfältigen Planung. Eine gewissenhafte Formulierung von Stiftungszweck, Organstruktur und Vermögensausstattung ist zwingend erforderlich.

Die Stiftung genießt großes gesellschaftliches Vertrauen und einen guten Ruf. Grund hierfür sind gerade die bestehende Aufsicht, die Dauerhaftigkeit aber auch die strengen Regeln für Vermögenserhalt und -verwendung. Die neuen gesetzlichen Regelungen wie auch die Reform des Gemeinnützigkeitsrechts durch das Jahressteuergesetz 2020 machen diese Rechtsform noch attraktiver.

Das strenge statutorische Korsett der Stiftung kann sich über die Jahre allerdings auch zu einem Nachteil entwickeln. Eine spätere Anpassung des Stiftungszwecks bedarf der behördlichen Genehmigung und ist nur in sehr engen Grenzen möglich. Sie birgt zudem die Gefahr des Entzugs der zuerkannten Gemeinnützigkeit. Das neue Gesetz wird hier künftig etwas mehr Spielraum bieten.

Die Stiftung & Co. KG

Wie bereits angedeutet, kann eine Stiftung sowohl gemeinnützig wie auch privatnützig ausgestaltet werden. Bei letzterem wird oftmals der Zweck verfolgt, nachhaltig Vorsorge für sich oder Familienangehörige zu sichern.

Die Stiftung wird daher auch als Instrument der Nachfolgeplanung bei familiengeführten Unternehmen in Betracht gezogen. Die starren Anforderungen der Stiftung, die enge Bindung an den Stifterwillen und Stiftungszweck oder mögliche Haftungsrisiken stehen dem Betrieb eines Unternehmens allerdings oftmals entgegen. Um dennoch die Vorteile einer Stiftung nutzen zu können, kommt für diese Fälle eine Variante der Stiftung in Betracht: die Stiftung & Co. KG.

Bei dieser privatnützigen Form der Stiftung ist eine Stiftung Komplementärin einer KG. Der in der Satzung der Stiftung festgehaltene Stifterwille und Stiftungszweck bestimmen dann die Leitlinien der Geschäftsführung der KG – auch über ein Ausscheiden des Unternehmers hinaus. Verstärkt wird dieser Einfluss, wenn der Stiftung im Gesellschaftsvertrag der KG besondere Zustimmungsvorbehalte eingeräumt werden. Der ausscheidende Unternehmer oder seine Angehörigen können als Kommanditisten in die KG aufgenommen werden und auf diese Weise ebenfalls die Einhaltung und Fortführung des Stifterwillens garantieren.

Vorteile ergeben sich daraus, dass mit der Stiftung & Co. KG ein quasi „eigentümerloses“ Unternehmen geschaffen wird. Zudem greifen bei dieser Gestaltungsvariante Haftungsbeschränkungen auf Ebene der KG, die bei der Stiftung erst zukünftig aufgrund einer „Business Judgement Rule“ im Rahmen der Stiftungsreform eingeführt werden. Mitbestimmungsrechte finden ebenfalls keine Anwendung.

Da die Stiftung in diesem Fall aber keine fremd- oder gemeinnützigen Zwecke verfolgt, kann eine Anerkennung der Stiftung als "gemeinnützig" durch das Finanzamt nicht erfolgen. Der Anerkennung als "Stiftung" steht der verfolgte Zweck nicht entgegen. Die Stiftung & Co. KG unterliegt folglich der Aufsicht der Länder.

Treuhandstiftung

Alternativ zur Stiftung bürgerlichen Rechts, kann auch eine gemeinnützige Treuhandstiftung in Erwägung gezogen werden. Sie wird auch als unselbständige, nicht-rechtsfähige oder fiduziarische Stiftung bezeichnet.

In diesem Fall schließen der Stifter und ein von ihm bestimmter Treuhänder einen Vertrag, der den Treuhänder dazu verpflichtet, das zugewiesene Vermögen für die Treuhandstiftung im eigenen Namen zu verwalten. Eine Verfügung von Todes wegen ist ebenfalls möglich. Stifterwille, Stiftungszweck sowie Vermögensverwendung und -erhaltung werden in einer Satzung konkretisiert. Anders als bei der oben beschriebenen Stiftung unterliegt die Treuhandstiftung keiner behördlichen Aufsicht. Auch ist Mindestvermögen nicht erforderlich. Als Treuhänder kommen natürliche oder juristische Personen in Betracht.
Stifter wählen oftmals die Form der Treuhandstiftung, wenn es um die nachhaltige Verwendung von Vermögen geht, die Verteilung aber einem versierten Dritten übertragen werden soll.

Zu den Treuhändern können beispielsweise Hochschulen, Verbände oder auch rechtsfähige Stiftungen gehören, die die Mittel unter anderem für spezielle Forschungsbereiche, Wissenschaft, Naturschutz oder Bildung einsetzen.

Da der Treuhandstiftung ein schuldrechtlicher Vertrag zugrunde liegt, finden die allgemeinen vertraglichen Vorschriften Anwendung. Der Vorteil einer Treuhandstiftung besteht damit insbesondere in der rechtlichen Flexibilität dieser Gestaltungsform. Stifter und Treuhänder können vertraglich vereinbaren, inwiefern der Stifter sich in die Stiftungsarbeit einbringt oder Kontrolle ausübt. Auch kann das Treuhandverhältnis auf einen anderen Treuhänder übertragen werden.

Der schuldrechtliche Charakter birgt allerdings auch Nachteile. Neben dem zum Teil hohen Regelungsaufwand kann die Treuhandstiftung, je nach zugrundeliegendem Rechtsverhältnis, durch Erben des Stifters kündbar und sogar widerruflich sein, was dem nachhaltigen Stifterwillen unter Umständen entgegenstehen kann.

Alternative Rechtsformen

Ist die Stiftung nicht die passende Rechtsform für ein nachhaltiges und gemein- oder privatnütziges Vorhaben, kann auch eine Ersatzform in Frage kommen.

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