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Änderungen des Arbeitszeitgesetzes könnten Betriebe bald zur elektronischen Arbeitszeiterfassung verpflichten


Eine Reform des Arbeitszeitgesetzes könnte Arbeitgeber schon bald dazu verpflichten, die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten elektronisch zu dokumentieren.

Auch wenn niemand mehr daran geglaubt hat, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) den für das 1. Quartal 2023 angekündigten Referentenentwurf zur Neuregelung des Arbeitszeitgesetzes nun vorgelegt.

Nach vielfachen Diskussionen rund um das Thema Arbeitszeiterfassung in den letzten Jahren, insbesondere nach dem sogenannten  Stechuhr-Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) aus dem Jahr 2019 und dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom letzten September, könnte der Referentenentwurf nun einen ersten Schritt Richtung Klärung und vor allem Rechtssicherheit darstellen.

Sarah Klachin, LL.M.

Senior Associate

Der Referentenentwurf versucht, die Anforderungen der Rechtsprechung umzusetzen. Eine gänzliche Novellierung und Anpassung des Arbeitszeitgesetzes an die heutige Arbeitswelt, wie sie schon oft angekündigt wurde, bleibt allerdings aus.

Kurz zusammengefasst regelt der Entwurf das folgende:

Arbeitgeber sind verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer jeweils am Tag der Arbeitsleistung elektronisch aufzuzeichnen.

Der EuGH verlangte nur eine „objektive“ Arbeitszeiterfassung, das BAG hingegen verlangte keine bestimmte Form.  Der Entwurf geht also diesbezüglich über die Anforderungen der Rechtsprechung hinaus.

Der Arbeitgeber kann die Erfassung auf den Arbeitnehmer oder Dritte delegieren, bleibt aber dennoch in der Verantwortung für die ordnungsgemäße Aufzeichnung. Arbeitgeber müssen also sicherstellen, dass ihre Arbeitnehmer, sollten sie die Erfassung an diese delegieren, ihre Arbeitszeit korrekt erfassen. Entsprechende stichprobenartige Kontrollen sind damit sinnvoll und geboten. 

Die Vereinbarung von Vertrauensarbeitszeit bleibt zulässig. Laut dem Referentenentwurf können Arbeitgeber und Arbeitnehmer Vertrauensarbeitszeit weiterhin vereinbaren. In diesem Fall verzichtet der Arbeitgeber auf die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit. Einzuhalten sind aber dennoch die Vorgaben des Arbeitsschutzes. Der Arbeitgeber wird hiernach also die vertragliche Arbeitszeit nicht kontrollieren müssen, die Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeit besteht aber auch hier. Arbeitgeber müssen zudem auch bei Vertrauensarbeitszeit ihr Unternehmen, wie bisher auch, so organisieren, dass sie die Einhaltung der geltenden Gesetze, insbesondere der Vorgaben des Arbeitsschutzes, gewährleisten können.

Arbeitnehmer müssen auf Anfrage eine Auskunft über die aufgezeichnete Arbeitszeit vom Arbeitgeber erhalten.

Nachweise über die erfasste Arbeitszeit muss der Arbeitgeber im Inland und in deutscher Sprache bereithalten.  Die Aufbewahrungspflicht für die Aufzeichnungen beträgt im Grundsatz zwei Jahre.

Ausnahmen von den neuen Regelungen, zum Beispiel hinsichtlich der elektronischen Form und der taggenauen Aufzeichnung, sollen per Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrags per Betriebsvereinbarung möglich sein. Eine Öffnung generell zugunsten von Betriebsvereinbarungen ist nicht vorgesehen.

Für die Einführung der elektronischen Zeiterfassung wird eine Übergangsfrist von einem Jahr ab Inkrafttreten des Gesetzes gewährt. Für Unternehmen mit weniger als 250 Arbeitnehmern wird diese Frist auf zwei Jahre, für Unternehmen mit weniger als 50 Arbeitnehmern auf fünf Jahre verlängert. Für Arbeitgeber mit bis zu zehn Arbeitnehmern soll die Erfassung der Arbeitszeit dauerhaft in nichtelektronischer Form möglich sein.

Aktuell handelt es sich lediglich um einen Referentenentwurf, der nun innerhalb der Bundesregierung abgestimmt werden muss. Es ist mit zahlreichen Stellungnahmen von unter anderem Gewerkschaften, und Arbeitgeberverbänden zu rechnen.

Der Referentenentwurf versucht, die Anforderungen der Rechtsprechung umzusetzen. Eine gänzliche Novellierung und Anpassung des Arbeitszeitgesetzes and die heutige Arbeitswelt, wie sie schon oft angekündigt wurde, bleibt allerdings aus.

Es bleibt abzuwarten, welchen Weg der Entwurf im Gesetzgebungsverfahren gehen wird. Arbeitgeber sollten die weitere Entwicklung in jedem Fall verfolgen.

Klar ist, dass Unternehmen, die bisher noch gar keine Zeiterfassung vornehmen, sich mit der Einführung eines Arbeitszeiterfassungssystems beschäftigen sollten. Dies muss zwar nicht überstürzt geschehen, fest steht aber auch, dass die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ohnehin schon besteht. Die hat das BMAS in dem Entwurf ebenfalls deutlich gemacht.

Wünschenswert wäre, dass der Entwurf im Laufe des Verfahrens bisher ungeklärte Details und streitige Fragen aufnimmt und für Klarheit sorgt beziehungsweise Lösungen anbietet. So zum Beispiel geht der Entwurf nicht darauf ein, wie mit Pausenzeiten oder zum Beispiel auch kurzzeitigen Tätigkeiten, beispielsweise dem klassischen „kurzen“ Checken der dienstlichen E-Mails nach Feierabend, umzugehen ist.

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