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Ampel-Koalition beschließt Ausstieg aus dem Energiecharta-Vertrag


Deutschland tritt aus dem Energiecharta-Vertrag aus – darauf haben sich SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP geeinigt. Der Schritt soll vor allem dem Klimaschutz dienen, teilten Vertreter der drei Regierungsparteien mit.

Der Energiecharta-Vertrag (ECT) ist ein multilateraler, völkerrechtlicher Vertrag, der nach dem Ende des Kalten Kriegs vor allem Investitionen in die ehemaligen Sowjet-Staaten sichern sollte. Im Kern hat er vier Hauptziele: den Schutz von Auslandsinvestitionen; die Schaffung nichtdiskriminierender Bedingungen für den Handel mit Energiematerialien, Energieprodukten und energiebezogener Ausrüstung sowie den verlässlichen grenzüberschreitenden Energietransit; die Lösung von Streitfällen zwischen Investoren und Gastländern (Investor-State-Dispute-Settlement/ISDS); sowie die Förderung der Energieeffizienz.

 

Insbesondere der ISDS-Mechanismus, der nicht nach der Art der Energieerzeugung differenziert, und so auch Investoren, die in fossile Energieträger investieren, eine Klagemöglichkeit eröffnet, wird vor dem Hintergrund der globalen Klimakrise zunehmend kritisch gesehen. Die kostspieligen Schiedsverfahren, die Investoren nicht selten Entschädigungen in Milliardenhöhe sichern, werden auch von Investoren in fossile Energien erfolgreich geführt. Nach dem deutschen Atomausstieg 2011 folgte prompt ein Schiedsverfahren eines ausländischen Energiekonzerns gegen den deutschen Staat, derzeit sehen sich die Niederlande einem Verfahren gegen den von ihnen beschlossenen Kohleausstieg ausgesetzt.

Zwar haben die ECT-Mitglieder die Problematik, den ECT vor allem in Einklang mit den Klimazielen des Pariser Klimaabkommens zu bringen, erkannt, und so wurden in den vergangenen Jahren viele Reformanstrengungen unternommen, federführend zuletzt von der EU. Vielen Mitgliedern geht dies jedoch nicht weit genug, erläutert Franziska Graf, Expertin für Großprojekte im Energiesektor bei Pinsent Masons, die derzeit an der Universität Lüneburg ihre Dissertation zum ECT verfasst.

Medienberichten zufolge war auch die Ampel-Koalition der Ansicht, dass die modernisierte Fassung des Energiecharta-Vertrags, über den die ECT-Mitglieder am 22. November abstimmen sollen, nicht mit der im Pariser Klimaabkommen eingegangenen Verpflichtung zur Klimaneutralität vereinbar ist. Daher hat die Ampel-Koalition beschlossen, aus dem ECT auszutreten, statt für den modernisierten Vertrag zu stimmen. Auch Slowenien, Frankreich, die Niederlande, Spanien, Polen sowie jüngst auch Luxemburg haben entschieden, aus dem ECT auszutreten.

„Wir haben uns in der Ampel darauf verständigt, dass Deutschland einseitig aus dem Energiecharta-Vertrag aussteigt“, teilte Andreas Audretsch mit. Er ist stellvertretender Vorsitzender der Fraktion Die Grünen im Bundestag. „Damit lösen wir eine riesige Blockade für mehr Klimaschutz. Wie sehr der Energiecharta-Vertrag dem Klimaschutz im Weg steht, zeigen die vielen Klagen in Milliardenhöhe. […] Damit ist künftig Schluss. Mit dem Ausstieg Deutschlands macht die Bundesrepublik einen riesigen Schritt in Richtung mehr Klimaschutz.“

„Der Ausstieg Deutschlands aus dem ECT ist angesichts der bereits seit 2017 laufenden, und teils sehr zähen Reformbemühungen letztlich konsequent“, so Graf, „und es ist nicht gewiss, ob nicht noch mehr Staaten dem ECT den Rücken kehren werden: Zuletzt gab Österreich bekannt, einen Ausstieg prüfen zu wollen.“

Eigentlich war für den 22. November 2022 eine Abstimmung der Mitgliedsstaaten über den Reformvorschlag des ECT im Zuge der Energiechartakonferenz in Ulaanbaatar, Mongolei, angesetzt. Deutschland, Frankreich, Spanien und die Niederlande enthielten sich bei einer EU-internen Abstimmung im Europäischen Rat über die Reform des ETC am Freitag jedoch, und machten damit deutlich, lieber aus dem ECT auszutreten, anstatt der Reform des ECT zuzustimmen. Daher sah sich die EU-Kommission, welche auf dem ECT-Gipfel für die 27 Mitgliedstaaten und die EU spricht, nicht in der Lage, dem Reformvorschlag zuzustimmen. Auf Wunsch der EU-Kommission wurde nun die Abstimmung über die Reform des ECT verschoben. Sie soll bei einem Treffen der ECT-Mitgliedsstaaten im April 2023 nachgeholt werden.

Deshalb bat die EU-Kommission die Energiechartakonferenz darum, die  zu verschieben. 

Der ECT wurde im Dezember 1994 unterzeichnet und trat im April 1998 in Kraft. Derzeit haben ihn 52 Länder unterzeichnet, sowie die Europäische Union und die Europäische Atomgemeinschaft EURATOM.

Neben dem Ausstieg aus dem ECT beschlossen die Regierungsparteien außerdem, das deutsch-kanadische Freihandelsabkommen CETA schnellstmöglich zu ratifizieren.

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