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Deutsche Umwelthilfe verklagt Automobilhersteller


Die Deutsche Umwelthilfe hat „Klimaklage“ gegen die Autobauer Mercedes Benz und BMW erhoben. Die Klagen wurden bei den Landgerichten in Stuttgart und München eingereicht.

Kläger sind die stellvertretende Bundesgeschäftsführerin sowie die beiden Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Mit der Klage gegen Mercedes Benz und der Klage gegen BMW soll es den beiden Autobauern unter anderem untersagt werden, nach dem 31. Oktober 2030 Fahrzeuge auf den Markt zu bringen, die nicht treibhausgasneutral sind. Als Rechtsgrundlage wird ein zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch wegen Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kläger herangezogen.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) teilte mit, sie wolle das Ende des Verkaufs von Diesel- und Benzin-Pkw ab 2030 durchsetzen und zudem beide Unternehmen zwingen, den CO2-Ausstoß ihrer Fahrzeugflotten schneller zu reduzieren.

Bekannt wurde der Verein unter anderem durch Klagen auf Diesel-Fahrverbote in mehreren deutschen Städten. Die nun eingereichten Klagen stützen sich auf das Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus diesem Frühjahr. Das BVerfG hatte Deutschlands Klimaschutzgesetz in seiner Ende 2019 in Kraft getretenen Form in Teilen für verfassungswidrig erklärt.

Mit dem Klimaschutzgesetz sollte gewährleistet werden, dass internationale, europäische und nationale Zielvorgaben zum Schutz vor den Auswirkungen des weltweiten Klimawandels eingehalten werden, insbesondere die Ziele aus dem Pariser Klimaschutzabkommen. Um diese zu erreichen, legte das Klimaschutzgesetz konkrete Maßnahmen fest, wie der Treibhausgasausstoß bis zum Jahr 2030 um 55 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 gemindert werden soll. Wie die notwendigen weiteren Reduktionen in der Zeit zwischen 2031 und 2050 umgesetzt werden sollten, ließ das Gesetz jedoch offen.

Das BVerfG entschied im März diesen Jahres, dies verletze die zum Teil noch sehr jungen Beschwerdeführer in ihren Freiheitsrechten, da hohe Emissionsminderungslasten auf Zeiträume nach 2030 verschoben würden. Somit müssten sich nachfolgende Generationen in ihrem Treibhausgasausstoß deutlich mehr einschränken als die jetzige. Das BVerfG war der Auffassung, es dürfe nicht „einer Generation zugestanden werden, unter vergleichsweise milder Reduktionslast große Teile des CO2-Budgets zu verbrauchen, wenn damit zugleich den nachfolgenden Generationen eine radikale Reduktionslast überlassen und deren Leben umfassenden Freiheitseinbußen ausgesetzt würde.“ Das BVerfG verpflichtete daher den Gesetzgeber dazu, bereits frühzeitig konkret zu regeln, wie die Treibhausgasreduktion im Zeitraum nach 2030 erreicht werden soll. In Reaktion auf das Urteil änderte der Gesetzgeber das Klimaschutzgesetz.

Die DUH greift in der Begründung der von ihr initiierten Klagen nun einzelne Ausführungen aus dem BVerfG-Urteil auf und leitet daraus ab, dass die Beklagten „durch die Aufzehrung erheblicher Teile des CO2-Budgets“ die den einzelnen Klägern gegebenen persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten beeinträchtigten. Dies bedeute eine Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

Die Organisation wirft den Autobauern vor, dass sie ungenügende Maßnahmen zum Klimaschutz ergriffen hätten und verweist auf die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens. Anfang September hatte die DUH beiden Konzernen strafbewehrte Unterlassungserklärungen geschickt, die diese jedoch nicht unterzeichneten. In einem Antwortschreiben an die DUH, aus dem Focus Online zitiert, verwies BMW jedoch darauf, dass zu erwarten sei, dass bis 2030 die Hälfte des weltweiten Absatzes des bayerischen Autobauers aus vollelektrischen Fahrzeugen bestehen werde. Die CO2-Emmissionen werde man um 50 Prozent reduzieren. „Aktuell werden Fahrzeuge im Durchschnitt zu knapp 30 Prozent aus recycelten und wiederverwendeten Materialien gefertigt. Mit dem Ansatz ‚Secondary First‘ soll dieser Wert perspektivisch auf 50 Prozent ausgebaut werden“, zitiert Focus Online aus dem Schreiben.

Experten kritisieren, dass sich die Klage der DHU gegen die Falschen richte: Es sei Aufgabe des Staates, entsprechende Vorgaben zu machen, um beispielsweise den Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotor in Deutschland ab einem konkreten Zeitpunkt zu verbieten. So hat Spanien im Mai 2021 den Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2040 untersagt. Kritiker befürchten: Sollte die Klage der DUH Erfolg haben, werde dies nicht zu weniger Automobilen mit Verbrennungsmotor auf deutschen Straßen führen, sondern im Zweifelsfall nur dazu, dass mehr Neuwagen mit Verbrennungsmotor aus dem Ausland importiert werden.

Die DUH hat bereits im März auch die Bundesregierung auf mehr Klimaschutz in den Sektoren Energie, Industrie, Gebäude und Landwirtschaft verklagt. Unter anderem steht der Vorwurf im Raum, die Bundesregierung habe nicht genug getan, um die Umstellung der Automobilindustrie auf emissionsfreie Technologien zu beschleunigen. Zudem laufen Klagen der DUH gegen diverse Landesregierungen.

„Auch die Politik und der Gesetzgeber sind derweil nicht untätig. So wurde beispielsweise ein CO2-Preis für den Verkehrssektor eingeführt. Klimaforscher sind sich allerdings einig, dass die bisherigen Maßnahmen nicht genügen, um die gesetzten Klimaziele zu erreichen. Insofern sind Klimaklagen durchaus ein Weg, um der Verantwortung in Sachen Klimaschutz, die uns vor allem gegenüber künftigen Generationen trifft, besser gerecht zu werden“, so Johanna Weißbach, Expertin für Rechtsstreitigkeiten bei Pinsent Masons, der Kanzlei hinter Out-Law. „Wie so oft gibt es aber auch hier zwei Seiten einer Medaille: So führt beispielsweise die Klagewelle im Zusammenhang mit der Dieselthematik, die vielfach mit Umweltschutzerwägungen begründet wird, dazu, dass technisch einwandfreie und nur wenige Jahre alte PKW, die unter erheblichem Ressourceneinsatz produziert wurden, aus dem Verkehr gezogen und nicht weiter genutzt werden. Nachhaltig und im Sinne des Ressourcenschutzes ist auch das nicht.“

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