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Klage per Mausklick: Der Prototyp für das Onlineklagetool kommt


Mit einem Klage-Tool soll es Bürgern bald schon möglich sein, auch digital eine Klage bei Gericht einzureichen. Der neue Bundesjustizminister treibt das Projekt seiner Vorgängerin nun voran.

„Die Digitalisierung der Justiz ist mir ein wichtiges Anliegen“, twitterte der neue Justizminister Marco Buschmann (FDP) am 17. Dezember. „Daher habe ich heute einen Discovery Sprint für gleich zwei Projekte beauftragt: ein Online-Klagetool und einen assistierenden Chatbot. So soll der Zugang zum Recht digitaler und leichter werden.“ Ein Discovery Sprint ist ein Prozess in der Entwicklung von Online-Produkten. Er liefert einen Prototypen, der bereits durch Benutzerfeedback an die Bedürfnisse künftiger Verwender angepasst wurde.

Schon im August hatte das Bundesministerium der Justiz, das damals noch Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz  hieß und von Justizministerin Christine Lambrecht geführt wurde, das Projekt für ein Online-Klagetool gestartet. Das Tool soll es Bürgern möglich machen, Ansprüche vor Gericht einfach online geltend zu machen. Ein dazu passender Chatbot – ein assistierendes System ähnlich wie Siri oder Alexa – könnte sie durch die einzelnen Schritte der Online-Klage führen und Rückfragen beantworten.

Dem Ministerium zufolge scheuen Verbraucher gerade bei Schäden mit einem überschaubaren Streitwert von unter 2.000 Euro davor zurück, ihre Ansprüche vor Gericht geltend zu machen. Die damalige Justizstaatssekretärin Dr. Margaretha Sudhof erklärte im August, ihr Ministerium wolle mit dem Klage-Tool die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen, um den Zugang zur Justiz weiter zu vereinfachen und zu verbessern. „Digitale Werkzeuge eröffnen neue Wege der Interaktion zwischen Justiz und rechtsuchenden Menschen. Sie versprechen außerdem ein ressourcenschonenderes Arbeiten der Gerichte, damit diese sich vor allem auf die Belange der Rechtssuchenden konzentrieren können. Deswegen ist es wichtig, auch im Praxistest von Online-Tools zu lernen, wie wir diese Werkzeuge im Interesse der rechtsuchenden Bürgerinnen und Bürger und eines gut funktionierenden Justizsystems optimal einsetzen können.“

Johanna Weißbach, Expertin für Sammelklageverfahren bei Pinsent Masons, geht davon aus, dass das Tool gerade im Bereich des Verbraucherschutzes zu einem Anstieg von Klagen führen könnte: „Deswegen ist die Entwicklung insbesondere für Unternehmen von großer Bedeutung“, sagte sie. Bei der Einführung des Tools müsse jedoch darauf geachtet werden, die Gerichte nicht noch weiter zu überlasten. „Die Erleichterung des Zugangs zu der Justiz muss mit der angekündigten Entlastung der Justiz bezüglich Masseklageverfahren einhergehen, da sonst schnell ein Ungleichgewicht entstehen kann“, so Weißbach weiter. „Eine noch größere Belastung der deutschen Zivilgerichte wäre sonst die Folge. Aus der Justiz mehren sich die Stimmen, dass man der Flut der Verfahren nicht mehr Herr wird.“

Erst vor wenigen Woche hatte die Justizministerkonferenz (JuMiKo) ein Reformpaket zur Bewältigung von Massenverfahren gefordert, da Verbesserungen wie personelles Aufstocken der Gerichte und deren Digitalisierung allein ihrem Beschluss (PDF/119 KB) zufolge nicht ausreichen, um der steigenden Zahl von Massenverfahren gerecht zu werden. Die JuMiKo schlug vor, das materielle Zivilrecht, das Zivilprozessrecht, das Berufs- und Rechtsdienstleistungsrecht sowie das Gebühren- und Kostenrecht auf den Prüfstand zu stellen, um durch mögliche Gesetzesänderungen in diesen Feldern die Gerichte zu entlasten und letztlich dafür zu sorgen, dass Rechtsstreitigkeiten schneller geklärt werden können.

In der jüngsten Ausgabe der eBroschüre Elektronischer Rechtsverkehr schrieb Dr. Wolfram Viefhues allerdings: „Das Klagetool kann auch den Gerichten nutzen, weil damit vor allem viele gleichgelagerte Fälle, die in großer Zahl vorkommen und eine sehr regelbasierte und standardisierte Prüfung erfordern, einfacher, schneller und mit weniger Aufwand bearbeitet werden können.“ Viefhues war vormals als Richter tätig und gilt als Experte im Bereich der Justiz-Digitalisierung.

Die neue Bundesregierung aus SPD, GRÜNEN und FDP hatte in ihrem Koalitionsvertrag bereits angekündigt, sie wolle die Justiz reformieren und vor allem digitalisieren, unter anderem, indem Kleinforderungen „in bürgerfreundlichen digitalen Verfahren einfacher gerichtlich durchgesetzt werden können“.

Michèle Heil, Expertin für Gerichtsverfahren bei Pinsent Masons, sagte: „Bei der Umsetzung solcher Legal-Tech-Lösungen dürfen allerdings auch die zivilprozessualen Verfahrensgrundsätze nicht aus den Augen verloren werden. Hierfür hat sich auch der Deutsche Bundestag schon im September dieses Jahres ausgesprochen. Eine zeitnahe Implementierung hängt damit auch von passenden gesetzlichen Grundlagen ab, welche die Verfahrensgrundsätze und die Digitalisierung sinnvoll miteinander verbinden.“

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