Out-Law Analysis Lesedauer: 3 Min.

Fußballvereine in der Krise können vom neuen Restrukturierungsrahmen profitieren


Zahlreiche Profi-Fußballvereine stecken aufgrund von COVID-19 in der Krise. Finanzielle Probleme führen auch zu einem schlechteren Kader, doch das Abstiegsgespensts lässt sich durch Restrukturierung in einem Restrukturierungsplanverfahren vertreiben – auch ohne das Stigma einer Insolvenz.

Die enormen wirtschaftlichen Auswirkungen der weltweiten COVID-19-Pandemie haben auch die deutschen Fußballvereine von der 1. Bundesliga bis zur 3. Liga massiv getroffen. Da der Spielbetrieb zeitweise unterbrochen wurde und Spiele ohne Zuschauer stattfinden, mussten diese erhebliche Umsatzrückgänge in Kauf nehmen. Auch die allgemeinen Einschränkungen des öffentlichen Lebens aufgrund der Pandemie tragen dazu bei. Als Reaktion auf diese Entwicklungen haben viele Vereine eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie entgegenzuwirken.

Zuvorderst haben Vereine versucht, Kosten zu sparen. So wurden weniger Spielertransfers vorgenommen und mit verbleibenden Spielern und Angestellten Gehaltsreduzierungen vereinbart. Darüber hinaus wurde mit anderen Geschäftspartnern, wie beispielsweise den Stadioneigentümern, Zahlungserleichterungen vereinbart. Daneben haben die Fußballklubs auch staatliche Kredite oder Garantien zur Absicherung von aufgenommenen Krediten in Anspruch genommen. Diese Maßnahmen sollten in erster Linie die Liquidität des betroffenen Klubs sicherstellen.

Gleichwohl wird die andauernde Pandemie, in der eine Öffnung des Spielbetriebs für Zuschauer nicht absehbar ist, weiterhin zu erheblichen finanziellen Engpässen bei den Vereinen führen. In dieser Situation ist es von dem finanziellen Engpass zur ernsten finanziellen Krise nicht weit, in der die Insolvenz des Vereins oder der Profifußball-Kapitalgesellschaft droht. Zwar hat die Regierung die Insolvenzantragspflicht unter bestimmten Voraussetzungen mehrfach ausgesetzt, zuletzt bis zum 30. April 2021, allerdings gibt dies den Fußballklubs nur sehr wenig Zeit, die finanziellen Herausforderungen zu meistern, bis sich die Branche wieder normalisiert. Eine Restrukturierung des Vereins oder der Fußballkapitalgesellschaft mag in diesen Fällen früher oder später notwendig werden.

In dieser Situation kann die Geschäftsführung versuchen, eine Restrukturierung mit allen Stakeholdern zu verhandeln. Dies würde aber einerseits einen erheblichen Aufwand bedeuten und andererseits dürfte in den seltensten Fällen die Zustimmung aller Gläubiger zu einem Schuldenschnitt erreicht werden.

Dr. Markus J. Friedl, LL.M.

Rechtsanwalt, Partner, Head of Office, Frankfurt

Vereine versuchen, ein Insolvenzverfahren um jeden Preis zu verhindern, da es zum Punkteabzug führt. Darüber hinaus sind damit Image-Schäden  verbunden.

Das in anderen Branchen mögliche Szenario eines vorbereiteten Insolvenzplans, durch den die Restrukturierung auch gegen das Veto einzelner Gläubiger vorgenommen werden kann, kommt bei Fußballvereinen nicht in Betracht, denn hierfür müsste ein Insolvenzverfahren eröffnet werden. Vereine versuchen dies jedoch um jeden Preis zu verhindern, da es aufgrund der Verbandsstatuten zum Punkteabzug führt. Darüber hinaus sind damit Image-Schäden und erhebliche negative Außenwirkungen bei Fans und dem weiteren Umfeld, wie bei Sponsoren und Gönnern, verbunden.

In dieser Zwickmühle kann das am 1. Januar 2021 in Kraft getretene Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (StaRUG) für Unternehmen Abhilfe schaffen. Damit hat der Gesetzgeber ein neues Sanierungsinstrument außerhalb des formalen Insolvenzverfahrens geschaffen, durch welches dem Verein ein Punktabzug erspart bleibt, solange dieser nicht während des Verfahrens nach dem StaRUG Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung beim Restrukturierungsgericht anzeigt. Damit besteht jetzt auch in Deutschland für finanziell angeschlagene Unternehmen ein Rechtsrahmen, um Sanierungen in Eigenregie – außerhalb eines Insolvenzverfahrens – durch- und umzusetzen. Daneben hat das Restrukturierungsplanverfahren den Vorteil, dass es nicht öffentlich bekannt wird.

Das Verfahren des StaRUG bietet für den angeschlagenen Fußballklub, ob nun eingetragener Verein oder Kapitalgesellschaft, wesentliche Vorteile bei dessen Restrukturierung:

  • Rettung, Reorganisation und Fortführung des bestehenden Fußballklubs
  • Die bisherige Geschäftsleitung führt den Fußballklub fort, ohne auf Entscheidungsbefugnisse eines Insolvenzverwalters Rücksicht nehmen zu müssen
  • Geschäftsbeziehungen, die für den Geschäftsbetrieb erforderlich sind, bleiben bestehen
  • Laufende Verträge können fortgeführt werden
  • Sämtliche gesellschaftsrechtlich zulässige Maßnahmen bleiben möglich
  • Möglichkeit der Stundung und des vollständigen oder teilweisen Erlasses von Forderungen durch Gläubiger
  • Genehmigungen und Lizenzen, die für den Geschäfts- und Spielbetrieb erforderlich sind, werden aufrechterhalten
  • Flankierende Instrumente zur Stabilisierung, zum Beispiel Vollstreckungs- und Verwertungssperren, Aussetzung von Gläubigerinsolvenzanträgen und Einschränkung von Leistungsverweigerungs-, Vertragsbeendigungs-und Abänderungsrechten der Vertragspartner
  • Und nicht zuletzt: zügige Umsetzung der Restrukturierung

Der Restrukturierungsplan kann Regelungen in Bezug auf wesentliche Vermögenswerte, Verbindlichkeiten und Anteile des Fußballklubs enthalten. Er kann insbesondere einen (teilweisen) Forderungsverzicht zur Verringerung der Schuldenlast, Stundungen zur Sicherung der Liquidität sowie alle Arten von gesellschaftsrechtlich zulässigen Maßnahmen umfassen.

Der Restrukturierungsplan kann auch die Rechte der Inhaber von Forderungen gestalten, die durch Drittsicherheiten gesichert sind. Ausgenommen sind aber Forderungen von Arbeitnehmern und damit den Spielern. Daneben kann auf Grundlage des Plans nicht in künftige Forderungen eingegriffen werden. Der Inhalt des Plans bleibt den Parteien im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben weitgehend überlassen. Das Planverfahren dient somit dazu, eine einvernehmliche Gesamtlösung zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern sicherzustellen.

Der Plan muss von den Gläubigern genehmigt werden. Dies geschieht bei Eingriffen ohne die Zustimmung aller Betroffenen in einem sogenannten Erörterungs- und Abstimmungstermin. Dazu werden die Gläubiger in verschiedene Gruppen eingeteilt. Grundsätzlich ist zur Annahme des Plans die Zustimmung jeder Gläubigergruppe erforderlich. Die Zustimmung einer Gläubigergruppe erfordert eine Mehrheit von 75 Prozent der Stimmrechte in dieser Gruppe. Das bedeutet, dass abweichende Minderheitsgläubiger innerhalb einer Gruppe bei entsprechender Mehrheit der übrigen Gläubiger überstimmt werden können. Sollten ganze Gruppen von Gläubigern beziehungsweise Anteilsinhabern die Zustimmung verweigern, kann diese im Wege des sogenannten „Cross-Class Cram Downs" durch ein Gericht ersetzt werden. All dies ermöglicht dem angeschlagenen Unternehmen erhebliche Spielräume. Allerdings können durch den Restrukturierungsplan laufende Verträge, wie langfristige Miet- oder Pachtverträge, nicht beendet werden.

Der Restrukturierungsplan dient der Fortführung des Geschäftsbetriebs. Das Sanierungsverfahren gibt daher den Fußballvereinen die Möglichkeit, ihren Geschäftsbetrieb ohne öffentliches Aufsehen zu sanieren und den Spielbetrieb fortzuführen. Der Restrukturierungsplan ist somit ein hilfreiches Werkzeug zur erfolgreichen Sanierung, ohne das Stigma der Insolvenz und die damit verbundenen Nachteile in Kauf nehmen zu müssen.

We are working towards submitting your application. Thank you for your patience. An unknown error occurred, please input and try again.