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Rechtliche und praktische Herausforderungen einer möglichen Homeoffice-Pflicht


Sowohl im Bundestag als auch im Vorfeld des Corona-Gipfels wurden Rufe nach einer Homeoffice-Pflicht laut. Die bisher bekannt gewordenen Vorschläge sind jedoch juristisch lückenhaft und könnten einen gravierenden Eingriff in die Rechte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern darstellen.

Aktuell tagt der Corona-Gipfel von Bund und Ländern, bei dem Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie besprochen werden. Insbesondere die neuen Virus-Mutationen, die laut aktuellen Erkenntnissen ansteckender sein sollen und das Infektionsgeschehen daher weiter beschleunigen könnten, haben dazu geführt, dass der Termin des Gipfels vorgezogen wurde.  Medienberichten zufolge steht sowohl auf der Agenda, den aktuellen Lockdown zu verlängern, als auch, noch weitere Maßnahmen zu ergreifen. Im Gespräch sind unter anderem auch Maßnahmen, die dazu führen sollen, dass noch mehr Menschen im Homeoffice arbeiten können oder vielleicht sogar müssen.

Schon in der vergangenen Woche hatte der Bundestag einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Homeoffice-Gebot in der Pandemie konsequent durchsetzen“ beraten. Er sieht vor, Arbeitgeber im Rahmen des Arbeitsschutzgesetzes zu verpflichten, Beschäftigten Homeoffice zu ermöglichen, soweit es die Tätigkeit und die betrieblichen Anforderungen zulassen. Die Idee dahinter ist es, Kontakte sowohl auf dem Weg zur Arbeit als auch im Büro zu reduzieren, um das Infektionsgeschehen zu verlangsamen.

Um dies umzusetzen, soll gemäß Antrag eine befristete Corona-Arbeitsschutzverordnung im Rahmen des Arbeitsschutzgesetzes erlassen werden. Verstöße dagegen sollen über eine einzurichtende und vertrauliche Hotline gemeldet und mit Bußgeldern belegt werden können.

Der Antrag wurde zur weiteren Beratung in den federführenden Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen. Er bringt jedoch eine Reihe von rechtlichen Problemen mit sich: Eine gesetzliche Pflicht zum Homeoffice würde auf Arbeitnehmerseite die verfassungsrechtlich geschützte Unverletzlichkeit der Wohnung berühren und auf Arbeitgeberseite drastisch in die ebenfalls verfassungsrechtliche garantierte unternehmerische Freiheit eingreifen. Die Eingriffe und auch die damit möglicherweise einhergehenden Auswirkungen wären für beide Seiten so schwerwiegend, dass für die Verpflichtung von Arbeitgebern, Homeoffice zu gewähren, unseres Erachtens nach ein formelles Gesetz notwendig wäre und nicht, wie vorgesehen, eine bloße Verordnung über Paragraf 18 des Arbeitsschutzgesetzes.

Zwar ist es in der aktuellen Lage absolut sinnvoll, überall da, wo es geht, so viele Arbeitnehmer wie möglich ins Homeoffice zu schicken. Arbeitgeber sollten dies auch tun und alles daransetzen, Homeoffice, wann immer möglich, zu gewähren. Dort, wo dies nicht möglich ist, sollten mit besonderen Verhaltens- und Hygieneregelungen sowie neuen Anforderungen an die Organisation des Arbeitsplatzes die Arbeitsschutzstandards verantwortungsbewusst umgesetzt werden, um so vor allem auch Kontakte mit anderen Kollegen oder Dritten weitgehend zu vermeiden. Es ist richtig, dass an die Arbeitgeber appelliert wird, dies zu tun. Dennoch: Eine Homeoffice-Pflicht würde, allein gestützt auf eine Verordnung, wohl zu weit gehen und zudem alle Parteien vor aktuell noch ungeklärte Fragen und Herausforderungen stellen.

Sie ginge auch weit über das „Recht auf Homeoffice“ hinaus – ein Vorhaben, das im vergangenen Jahr von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vorangetrieben wurde, dann aber an zu wenig Rückhalt in der Union gescheitert war. Vor wenigen Tagen hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) einen neuen Referentenentwurf zu diesem Thema vorgelegt, in dem aber kein Rechtsanspruch auf Homeoffice mehr vorgesehen ist, sondern lediglich eine Pflicht des Arbeitgebers, die Möglichkeit von mobilem Arbeiten auf Anfrage des Arbeitnehmers hin mit ihm zu erörtern.

Fragen, die im Zusammenhang mit einer Homeoffice-Pflicht aufkämen, wären etwa, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit Arbeitgeber tatsächlich verpflichtet werden könnten, ihre Angestellten ins Homeoffice zu schicken. Muss es eine Unterscheidung anhand der Unternehmensgröße geben? Welche Tätigkeiten können vom Homeoffice aus erledigt werden und bei welchen Tätigkeiten müssen wirklich Ausnahmen gemacht werden? Wer soll hierüber entscheiden? Und wie geht man mit den Arbeitnehmern um, die erst ins Homeoffice und dann nach einigen Wochen wieder zurück ins Büro möchten – soll es neben der Homeoffice-Pflicht dann auch das Büro-Recht geben?

Es kann daher mit Spannung erwartet werden, wie in diesem Zusammenhang entschieden wird und wie eine solche Homeoffice-Pflicht, sollte sie tatsächlich kommen, in der Praxis umgesetzt werden soll. 

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