Out-Law Analysis Lesedauer: 3 Min.

Urheberrechtsreform und Uploadfilter: Das steckt im aktuellen Referentenentwurf


Die EU-Urheberrechtsrichtlinie wird vor allem in Bezug auf Upload-Filter heiß diskutiert, bis Juni 2021 muss sie in deutsches Recht umgesetzt werden. Der neue Referentenentwurf hält an Vorkehrungen gegen „Overblocking“ fest und baut auf die Entscheidungsfähigkeit der Nutzer.

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat kürzlich einen ersten Referentenentwurf zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarkts veröffentlicht.

Die Reform soll das in die Jahre gekommen Urheberrecht weiter an das digitale Zeitalter anpassen und insbesondere Rechte und Pflichten von Urhebern, Plattformbetreibern und Nutzern neu regeln. Hinter dem Gesetzentwurf steht die Verpflichtung Deutschlands, die Urheberrechtsrichtlinie von 2019 fristgerecht umzusetzen. Dies muss bis Juni 2021 geschehen. Das Ganze steht im Kontext der Verwirklichung eines digitalen Binnenmarktes innerhalb der EU.

Die Modernisierung des Urheberrechts soll im Kern die Rechte der Kreativen stärken und die Rechteinhaber fair an den Erlösen digitaler Verwertung beteiligen. Dazu gehört es, unautorisierten Content nach Möglichkeit von den gängigen Plattformen zu entfernen. Gleichzeitig soll die Kommunikations- und Meinungsfreiheit der Nutzer im Internet gewahrt werden – ein entscheidender Punkt, denn gegen das Reformvorhaben gingen europaweit Millionen von Menschen auf die Straße: Sie befürchteten, dass ihre Beiträge in den sozialen Medien in Zukunft gefiltert und blockiert würden.

Haftung von Plattformen

In Zukunft sollen bestimmte Plattformen, die ihren Nutzern den massenhaften Upload von Inhalten ermöglichen, gleichermaßen dafür verantwortlich sein, wenn besagte Nutzer urheberrechtlich geschützte Werke hochladen. Ein eigenständiges neues Gesetz, das Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG), soll die urheberrechtliche Verantwortlichkeit solcher Plattformen in Deutschland regeln.

Um die im Vorfeld in der Öffentlichkeit stark kritisierten Upload-Filter einzuschränken, also sogenanntes „Overblocking“ zu vermeiden und die Freiheit der Nutzer nicht zu beschneiden, hat der Gesetzgeber bereits im vorausgegangenen Diskussionsentwurf – der Richtlinie folgend – eine Möglichkeit vorgesehen, mit der Beiträge dem Filterprozess entgehen können, wenn sie urheberrechtlich geschützte Werke lediglich karikieren oder parodieren. 

An diesem Konzept hält auch der Referentenentwurf fest: Damit Upload-Filter solche Beiträge nicht aussortieren, sollen Plattformen den Nutzern die Option bieten, ihren Beitrag aktiv als Karikatur, Parodie oder Pastiche (Nachahmung) zu kennzeichnen. Diese Inhalte sollen dann nicht blockiert werden. Während für Parodien und Karikaturen keine Bezahlschranken vorgesehen sind, sollen Pastiches in Zukunft nur noch kostenpflichtig hochgeladen werden dürfen – die Kosten müssten allerdings die Plattformbetreiber tragen. In diesem Punkt weicht der Referentenentwurf explizit vom ursprünglichen Diskussionsentwurf ab: Letzterer hatte vorgesehen, dass für Pastiches ebenfalls keine Vergütung anfallen darf.

Mit der Einführung einer Bezahlschranke für Pastiches folgt der Gesetzgeber einer Empfehlung des Deutschen Journalisten-Verbands.  Die neue Regel dürfte insbesondere die Plattform TikTok treffen, aber auch zahlreiche andere Service Provider, auf deren Seiten Gifs, Memes und Mash-ups geteilt werden.

Rauer Nils

Dr. Nils Rauer, MJI

Rechtsanwalt, Partner

Der Entwurf zeichnet insgesamt das Bild eines emanzipierten Nutzers, der maßgeblich zum Funktionieren des Haftungssystems beiträgt.

Dass Pastiches nun anders als Parodien und Karikaturen behandelt werden sollen, erstaunt etwas: Zum einen ist die Abgrenzung bisher sowohl im deutschen als auch im europäischen Recht sehr unscharf. Hier einen einzelnen Aspekt herauszugreifen, wird unweigerlich Abgrenzungsprobleme in der Praxis auslösen. Außerdem dient auch die Ausdrucksform der Pastiches der Meinungs- und Kunstfreiheit.

Dennoch bleibt hervorzuheben, dass der Gesetzesentwurf insgesamt das Bild eines emanzipierten Nutzers zeichnet, der durch Pre-Flagging-Mechanismen maßgeblich zum Funktionieren des Haftungssystems beitragen kann, indem er erlaubte Inhalte bereits beim Upload markiert.

In diese Richtung geht auch das Pre-Check-Verfahren, das im Diskussionsentwurf noch nicht enthalten war: Beim Hochladen soll dem Nutzer mitgeteilt werden, wenn für die im Upload befindlichen Inhalte bereits ein Sperrverlangen durch den Rechteinhaber hinterlegt ist. Der Nutzer kann dann auf Basis dieser Informationen bessere Angaben dazu machen, weshalb sein Upload womöglich dennoch erlaubt ist. Dieses neue Verfahren würde die Nutzerposition stärken und trüge damit zu einer besseren Funktionsweise in der Praxis bei.

Zudem sieht der Gesetzentwurf eine Bagatellgrenze von zwanzig Sekunden Ton oder Video, tausend Zeichen Text oder einer Datenmenge von 250 Kilobyte für Fotos und Grafiken vor. Auch in diesen Fällen sollen Upload-Filter bei einer nicht kommerziellen Nutzung nicht aktiv werden. Eine solche Bagatellgrenze ist angesichts der kleinen Münze –  der Schutzuntergrenze des Urheberrechts –   und der dem Schutz auch kurzer Sequenzen zuneigenden Rechtsprechung allerdings problematisch. Eine Option ist hier, über das Vehikel der neu eingeführten kollektiven Lizenzen eine Legitimation herzustellen. Vergütungspflichtig wäre dann die Plattform.

Kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung

Die geplante Gesetzesreform soll Plattformen dazu verpflichten, Lizenzen für die öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke zu erwerben. Das kann auch in Form von kollektiven Lizenzen über Verwertungsgesellschaften geschehen. Dies würde das Auffinden des einzelnen Rechteinhabers entbehrlich machen.

Die kollektive Rechtewahrnehmung ist dem deutschen Recht nicht fremd. Die GEMA oder auch die VG WORT erfüllen seit Jahrzehnten ihre Aufgabe bei der treuhänderischen Vereinnahmung von Tantiemen und deren Ausschüttung an die Rechteinhaber. Die neue Richtlinie geht hier jedoch weiter und schafft – nach skandinavischem Modell – die Grundlage für kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung. Dies erlaubt den Verwertungsgesellschaften, auch Rechte solcher Urheber wahrzunehmen, die keinen dezidierten Wahrnehmungsvertrag abgeschlossen haben. Gerade bei nutzergenerierten Inhalten ist dies der Regelfall. Die Neuerung im Gesetz ist damit auch praktisch sehr bedeutsam.

Nach wie vor gilt es aber, dass Urhebern auch selbst die Aufgabe zukommt, ein Auge darauf zu haben, wo ihre Werke gezeigt werden. Die neuen Regeln erleichtern allerdings das Vorgehen gegen unautorisierte Nutzungen im Netz. Hochgeladenen Inhalte, die auf urheberrechtlich geschützten Werken beruhen und nicht unter bestimmte Schranken wie beispielsweise Karikaturen, Pastiches, Parodien oder Zitate fallen, müssen auf Beschwerde des Rechtsinhabers hin von der Seite entfernt werden, sofern die Plattform keine Lizenz für ihre Nutzung hat.

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