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Urheberrechtsreform: Justizministerium will Uploadfiltern das Aussortieren erleichtern


Das Bundesjustizministerium will das Urheberrecht reformieren: Plattformen sollen mehr in die Verantwortung genommen, „Overblocking“ durch Uploadfilter zugleich möglichst ausgeschlossen werden. 

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat den zweiten Diskussionsentwurf zur Umsetzung der europäischen Urheberrechts-Richtlinien veröffentlicht. Er enthält unter anderem Regelungen zur urheberrechtlichen Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen wie beispielsweise YouTube.

Die Reform soll das in die Jahre gekommen Urheberrecht ans digitale Zeitalter anpassen und Rechte und Pflichten von Urhebern, Plattformbetreibern und Nutzern neu regeln.

„Die DSM-Richtlinie stellt für den deutschen Gesetzgeber eine der umfangreichsten Rechtsetzungsaufträge der letzten Jahre im Urheberrecht dar“, so Dr. Nils Rauer, Experte für Urheberrecht bei Pinsent Masons, der Kanzlei hinter Out-Law. „Während sich der Gesetzgeber in dem im Januar diesen Jahres veröffentlichten Diskussionsentwurf nur einen Teil der ihm gestellten Umsetzungsaufträge widmete, vervollständigt er diese nun mit dem zweiten Teil des Diskussionsentwurfs. Rechtspolitisch ist dieser nicht minder brisant.“

Mit der Modernisierung des Urheberrechts will das BMJV nach eigener Aussage die Rechte der Kreativen stärken und die Rechteinhaber fair an den Erlösen beteiligen, die erzielt werden, wenn urheberrechtlich geschützte Inhalte durch Nutzer unlizensiert auf Plattformen hochgeladen werden. Gleichzeitig soll die Kommunikations- und Meinungsfreiheit der Nutzer im Internet gewahrt werden.

Schon Anfang des Jahres hatte das BMJV einen ersten Diskussionsentwurfes zur Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie vorgelegt.  Er widmete sich vor allem der Umsetzung des neuen Presseverlegerrechts, der neuen Regelung zur Verlegerbeteiligung sowie insbesondere einzelnen Ergänzungen für gesetzliche Schranken, vor allem zu Text- und Data-Mining.

„In dem nun vorliegenden zweiten Entwurf holt der Gesetzgeber weit zum Rundumschlag aus, so Dr. Rauer. Zentral hierbei sind die Änderung im Urhebervertragsrecht, die Einführung kollektiver Lizenzen mit erweiterter Wirkung sowie insbesondere die Umsetzung des neuen Haftungsregimes für Diensteanbieter für das Teilen von Online-Inhalten in einem vollständig neuen Gesetz, dem Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz.“

Das heißt: In Zukunft sollen Plattformen dafür verantwortlich sein, wenn urheberrechtlich geschützte Inhalte auf ihnen hochgeladen werden. So sollen Plattformen auch dazu verpflichtet werden, bestimmte Lizenzen für die öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke zu erwerben. Das kann auch in Form von kollektiven Lizenzen über Verwertungsgesellschaften geschehen. Der Entwurf schafft daher eine allgemeine Vorschrift für kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung.

„Gerade vor dem Hintergrund der rechtspolitischen aber auch gesellschaftlichen Debatte um Uploadfilter dürfte insbesondere die nun gewählte Umsetzung zu Artikel 17 der Richtlinie zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt in einem eigenen Gesetz für weitere Diskussionen sorgen. Der Schritt, einen eigenen umfassenden Regelungskomplex zu schaffen, ist angesichts der Komplexität sehr zu begrüßen. Der Gesetzgeber spart dabei nicht mit Lösungsvorschlägen, um den Einsatz von den umstrittenen Uploadfiltern weitestgehend zurückzudrängen“, so Dr. Rauer.

Uploadfilter stehen seit Jahren im Zentrum der öffentlichen Debatte um die EU-Richtlinie. Diese automatisierten Systeme können Inhalte, die Nutzer hochladen, prüfen und abweisen, wenn sie eine mögliche Urheberrechtsverletzung erkennen. Laut Experten könnten solche Filter aber auch Karikaturen und Persiflagen irrtümlich abweisen, was zu sogenanntem „Overblocking“ führen und die Freiheit der Nutzer einschränken könnte.

Um das zu vermeiden, sieht der Entwurf vor, dass Nutzer eine ausdrückliche gesetzliche Erlaubnis erhalten, Inhalte für Karikaturen oder Parodien zu nutzen. Plattformen sollen dazu verpflichtet werden, es den Nutzern möglich zu machen, ihre Beiträge als Karikatur, Parodie oder Pastiche zu kennzeichnen. Diese Inhalte dürften dann nicht blockiert werden.

Außerdem sieht der Gesetzentwurf eine Bagatellgrenze von 20 Sekunden Ton oder Video, 1000 Zeichen Text oder einer Datenmenge von 250 Kilobyte für Fotos und Grafiken vor. Auch in diesen Fällen müssten  Upload-Filter bei einer nicht kommerziellen Nutzung nicht aktiv werden.

„Diese Regelung ist durchaus beachtenswert. Sie bietet quantifizierbare Parameter, mit der Filter zuverlässig erkennen können, ob es sich um eine zulässige Bagatellnutzung handelt oder nicht“, so Dr. Rauer. „Der Gesetzgeber adressiert damit zwar Sorgen einer zu großen Einschränkung des partizipativen Internets durch Uploadfilter, doch ist dies europarechtlich ein mutiger, wenn nicht gar gewagter Schritt, enthält doch Artikel 5 der EU-Urheberrechtsrichtlinie einen eigentlich abschließenden Schrankenkatalog“, so Dr. Rauer.

Sind geschützte Inhalte nicht lizenziert und ist die Nutzung nicht gesetzlich erlaubt, so ist der Plattformbetreiber dazu verpflichtet, auf Beschwerde des Rechtsinhabers hin die entsprechenden Inhalte zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren.

In Zweifelsfällen und bei Streitigkeiten zwischen Plattformen, Rechtsinhabern und Nutzern sollen  Beschwerdeverfahren sowie Wege der außergerichtlichen Streitbeilegung zur Verfügung stehen.

Die interessierten Kreise erhalten Gelegenheit, bis Ende Juli 2020 zum Diskussionsentwurf Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahmen werden auf der Internetseite des BMJV veröffentlicht. Das BMJV will nach Ablauf der Stellungnahmefrist das weitere förmliche Gesetzgebungsverfahren einleiten.

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