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Bundesregierung plant Lieferkettengesetz


Die Bundesregierung plant ein Gesetz, das Unternehmen verpflichten soll, dafür zu sorgen, dass auch ihre Zulieferer aus dem Ausland Umwelt- und Sozialstandards einhalten.

Ein Gesetz, das deutsche Unternehmen zur Einhaltung der Menschenrechte auch entlang ihrer Lieferkette im Ausland verpflichten soll, war schon Ende 2019 im Gespräch, Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) wollten ihre Eckpunkte im März dieses Jahres vorstellen. Die Corona-Krise und die Notlage, in die sie viele Unternehmen brachte, legte die Pläne allerdings auf Eis.

Dem Handelsblatt liegen nun eigenen Berichten zufolge die Eckpunkte für das geplante neue „Sorgfaltspflichtengesetz“ vor. Demnach sollen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern künftig prüfen, „ob sich ihre Aktivitäten nachteilig auf Menschenrechte auswirken und angemessene Maßnahmen zur Prävention und Abhilfe ergreifen“, so die Wirtschafts- und Finanzzeitung.

„Nach den vielfältigen Herausforderungen in der Lieferkette durch COVID-19 rückt das geplante Lieferkettengesetz einmal mehr das Thema Supply-Chain-Management in den Fokus“, so Dr. Eike W. Grunert, Experte für Compliance bei Pinsent Masons, der Kanzlei hinter Out-Law. Der Gesetzgeber sollte allerdings darauf achten, dass neue Bestimmungen für die Unternehmen auch tatsächlich umsetzbar sind, so Dr. Grunert: „Das vorgeschrieben Risiko-Management muss verhältnismäßig sein, eine Bußgeldhaftung für Verletzungen der Menschenrechte entlang der Lieferkette sollte nur dann in Frage kommen, wenn sie bei Erfüllung zumutbarer Sorgfaltspflichten vorhersehbar und vermeidbar war. Die Regelungen sollten konkrete Maßstäbe enthalten, welche Sorgfaltspflichten von den Unternehmen erwartet werden.“

Das Handelsblatt berichtet, dass rund 7.280 Unternehmen mit Sitz in Deutschland von den Plänen der Regierung betroffen wären, und beruft sich dabei auf die beiden Ministerien. Von dem geplanten Gesetz würden „sowohl Personen- als auch Kapitalgesellschaften nach deutschem und ausländischem Recht erfasst.“

Das geplante Gesetz solle Unternehmen dazu verpflichten, ihre Geschäftsbeziehungen zu überprüfen und Menschenrechtsverletzungen wie Zwangs- und Kinderarbeit oder Diskriminierung entlang ihrer Lieferketten auszuschließen. Auch Verstöße gegen die Vereinigungsfreiheit, nationale Rechte oder den Arbeitsschutz sowie die Schädigung der Gesundheit und der Umwelt werden laut Handelsblatt im Eckpapier als Problemfelder definiert.

Das Gesetzesvorhaben geht auf den Nationaler Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrecht (NAP) zurück. Er wurde 2016 vom Bundeskabinett beschlossen. Binnen vier Jahren sollte er dafür sorgen, dass Deutsche Unternehmen sich stärker dafür einsetzen, Menschenrechtsverletzungen entlang ihrer Lieferketten zu verhindern.

Um zu überprüfen, ob der NAP von den deutschen Unternehmen umgesetzt wird, wurden zwei quantitative Befragungen im Auftrag des Auswärtigen Amtes durchgeführt. Das Hauptziel des Monitorings war, festzustellen, ob und inwieweit mindestens die Hälfte aller Unternehmen in Deutschland mit mehr als 500 Beschäftigten die Kernelemente der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht angemessen in ihre jeweiligen Geschäftsprozesse integriert haben. Ein erster und zweiter Zwischenbericht von Juli 2019 und Februar 2020 zeigten jedoch, dass die Mehrheit der befragten Unternehmen den NAP bis dahin aus Sicht der Bundesregierung nicht zufriedenstellend umgesetzt hatte.

Von 3.300 Unternehmen, die in der ersten Runde kontaktiert wurden, hatten nur 460 auch wirklich an der Befragung teilgenommen. Die Auswertung ergab: Weniger als 20 Prozent von ihnen hatten die Anforderungen des NAP erfüllt und darauf geachtet, dass auch Zulieferer aus Entwicklungsländern Umwelt- und Sozialstandards einhielten.

Daher hatte Außenminister Heiko Maas (SPD) Ende 2019 angekündigt, mit einer gesetzlichen Regelung nachbessern und die Unternehmen in die Pflicht nehmen zu wollen: „In Zeiten der Globalisierung wächst auch die Verantwortung von Unternehmen für Menschenrechtsschutz weltweit. In Deutschland setzen wir daher seit 2016 den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte kontinuierlich um. Eine erste Auswertung zeigt aber: die Ziele sind noch nicht erreicht. Wenn sich die ersten Ergebnisse des Monitorings bestätigen, sollten wir eine gesetzliche Regelung prüfen.“

Wegen der COVID-19-Pandemie wurde der Zeitrahmen für die zweite Befragungsrunde zum NAP jedoch bis Ende Mai 2020 verlängert, die endgültigen Ergebnisse werden laut dem Auswärtigen Amt für Juli 2020 erwartet. Das Handelsblatt spekuliert, dass dann auch das Gesetzgebungsverfahren voranschreiten soll.

Käme das Gesetz, müssten Firmen entsprechende Compliance-Maßnahmen ergreifen, um Haftungsrisiken für sich zu minimieren, so Dr. Grunert: „Unternehmen mit einer robusten Supply-Chain-Compliance können Maßnahmen zu Umwelt- und Menschenrechten oft nahtlos ergänzen, sofern diese nicht ohnehin schon Gegenstand der internen Compliance-Maßnahmen sind.“ Derartige Maßnahmen werden in der Unternehmensführung unter dem Begriff der „Environmental and Social Governance“ (ESG) subsumiert, also der umwelt- und gesellschaftsbezogenen Unternehmensführung.

„Andere Unternehmen werden neue interne Maßnahmen ergreifen müssen, um die Haftung des Unternehmens für Menschenrechtsverletzungen in der eigenen Lieferkette zu verhindern“, so Dr. Grunert. „Welche Maßnahmen das einzelne Unternehmen konkret ergreifen muss, um seine Bußgeldhaftung aufgrund von Menschenrechtsverletzungen zu verhindern, ergibt sich aus den spezifischen ESG-Risiken des Unternehmens. Wie sonstige Compliance-Risiken, sind auch diese durch eine Compliance-Risikoanalyse zu ermitteln.“

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