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Hinweisgeberschutzgesetz: Unternehmen sollen Meldestellen einrichten


Das Bundesjustizministerium will Whistleblowern mehr Schutz gewähren und Unternehmen verpflichten, Meldestellen einzurichten, bei denen Mitarbeiter Verstöße gegen europäisches und deutsches Recht melden können. Der Gesetzesentwurf geht somit über die EU-Vorgaben hinaus.

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat den Entwurf eines Hinweisgeberschutzgesetzes in die Ressortabstimmung mit dem Bundeskanzleramt und den anderen Ministerien gegeben. Das neue Gesetz soll Unternehmen dazu verpflichten, Meldestellen einzurichten, an die Angestellte sich wenden können, um auf Rechtsverstöße aufmerksam zu machen. Zugleich soll es einen einheitlichen Schutz für Personen schaffen, die auf Rechtsverstöße in Unternehmen oder im öffentlichen Dienst hinweisen. Einen solchen Schutz für Hinweisgeber gibt es in Deutschland bislang nicht.

Mit dem Gesetz will die Bundesregierung Vorgaben der Whistleblower-Richtlinie der EU in nationales Recht umsetzen, was bis 17. Dezember dieses Jahres geschehen muss. Der Gesetzesentwurf des Bundejustizministeriums übertrifft allerdings die Vorgaben der europäischen Richtlinie. Sie verlangt lediglich, dass bei Verstößen gegen das Unionsrecht der Hinweisgeberschutz gelten soll. Der Referentenentwurf bezieht jedoch auch Verstöße gegen deutsches Recht mit ein und geht somit über das europaweit vereinbarte Mindestschutzniveau hinaus.

Laut einem Bericht des Handelsblatts fürchten einige Mitglieder der Union, dass Unternehmen, die unter der COVID-19-Krise leiden, durch das neue Gesetz unnötig belastet würden und fordern, dass Hinweisgeber nur dann geschützt sein sollen, wenn sie Verstöße gegen EU-Recht aufdecken. Medienberichten zufolge hat sich Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) nun mit einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) gewandt, auf eine schnelle Einigung gepocht und um ein Gespräch gebeten.

Unabhängig davon, ob das geplante Gesetz auch Verstöße gegen deutsches Recht mit einbeziehen wird oder nicht, wird es Unternehmen ab einer Größe von 50 Mitarbeitern, Kommunen ab einer Größe von 10.000 Einwohnern sowie Behörden verpflichten, Meldestellen für Hinweisgeber einzurichten. Das kann laut Entwurf eine im Unternehmen beschäftigte Person sein, ein Compliance- oder Datenschutzbeauftragter oder ein Mitglied der Rechtsabteilung, es können aber auch Externe beauftragt werden. Die Meldestellen sollen Hinweise über Gesetzesverstöße entgegennehmen, ihnen nachgehen und sie dabei vertraulich behandeln. Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten sollen zudem mit anderen Unternehmen gemeinsam eine Meldestelle betreiben können, um Kosten zu sparen.

In Konkurrenz zu den unternehmenseigenen sollen auch externe Meldestellen durch Bund und Länder eingerichtet werden. Hinweisgebern soll es freistehen zu entscheiden, ob sie den internen oder den externen Weg wählen. Daher wird es Experten zufolge für Unternehmen von entscheidender Bedeutung sein, selbst Meldestellen einzurichten und das Vertrauen der Angestellten in diese Stellen zu stärken, um zu vermeiden, dass Hinweisgeber sich direkt an die Behörden wenden: Unternehmen, die bislang noch kein Hinweisgebersystem haben, werden daher nun erstmals entsprechende Kanäle einrichten müssen. Unternehmen, die bereits über ein Hinweisgebersystem verfügen, sollten prüfen, ob es auch den neuen gesetzlichen Anforderungen entspricht, denn der Entwurf gibt Meldewege und Verfahrensgrundsätze vor.

„Nur so eröffnen sich die Unternehmen die Möglichkeit, mögliche Missstände selbst abzustellen“, so Dr. Jochen Pörtge, Experte für Wirtschaftsstrafrecht bei Pinsent Masons, der Kanzlei hinter Out-Law. „Die Erfahrung zeigt, dass Hinweisgeber, die sich nicht ernst genommen fühlen, den Weg zu Strafverfolgungsbehörden oder zur Presse suchen und finden.“

Unabhängig davon, ob ein Hinweisgeber den internen oder externen Meldeweg gewählt hat, dürfen ihm laut Gesetzesentwurf keine Nachteile aus der Meldung erwachsen: Kündigung, Nichtbeförderung und andere Repressalien sind untersagt.

Wird ein Hinweisgeber, nachdem er einen Verstoß gemeldet hat, beispielsweise gekündigt und geht er gegen diese Kündigung vor, so muss das Unternehmen laut Entwurf nachweisen, dass die Kündigung nicht mit dem abgegebenen Hinweis zusammenhing. Gelingt dem Unternehmen dies nicht, hat der Hinweisgeber Anspruch auf Schadensersatz. Darüber hinaus können Hinweisgeber für die Offenlegung der fraglichen Informationen nicht haftbar gemacht werden, etwa aufgrund eines Verstoßes gegen Vertraulichkeitspflichten, Geheimnis- oder Datenschutzvorschriften.

Zugleich sollen auch Unternehmen vor vorsätzlich oder grob fahrlässig falschen Hinweisen geschützt werden: In solchen Fällen soll der Hinweisgeber schadensersatzpflichtig sein. Dies soll verhindern, dass die neuen Meldesysteme missbraucht werden.

Wer keine interne Meldestelle betreibt, muss zwar gemäß aktuellem Entwurf weder ein Bußgeld noch andere Sanktionen fürchten, allerdings dürfte die Aussicht, dass Mitarbeiter sich mangels Alternativen umgehend an die Behörden wenden, Experten zufolge Grund genug sein, eine vertrauenswürdiges Meldesystem einzurichten.

„Die Situation wird sich verschärfen, wenn das geplante Verbandssanktionengesetz kommt“, so Dr. Pörtge. „Aber schon heute sind Unternehmensleiter verpflichtet, Hinweisen auf Fehlverhalten nachzugehen, festgestelltes Fehlverhalten abzustellen und angemessen zu sanktionieren.“

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