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Rechtsgutachten stuft Mindestlohnerhöhung auf zwölf Euro als verfassungswidrig ein


Medienberichten zufolge hat die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände ein Rechtsgutachten vorgelegt, das die für Oktober geplante Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro als verfassungswidrig einschätzt.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will den gesetzlichen Mindestlohn zum 1. Oktober 2022 kurzfristig auf zwölf Euro anheben. Ein entsprechender Gesetzesentwurf soll morgen im Bundeskabinett beschlossen werden.

Wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) nun berichtet, sieht die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) in der außerplanmäßigen Erhöhung einen Angriff auf die Tarifautonomie. BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter soll laut SZ am Montag ein Rechtsgutachten des Verfassungsrechtlers Frank Schorkopf vorgestellt haben, das das Gesetz als verfassungswidrig einstuft. Kampeter selbst ist Mitglied der Mindestlohn-Kommission, die für gewöhnlich über die Anhebung des Mindestlohns entscheidet, dieses Mal jedoch durch die Anhebung per Gesetz umgangen wird. Nach Schätzungen wären mehr als sechs Millionen Beschäftigte in Deutschland von der Anhebung des Mindestlohns betroffen.

„Natürlich gibt es an sich gute Argumente für die Erhöhung des Mindestlohns: Lohndumping wird reduziert und der Staat wird entlastet, da dieser weniger Zuschüssen zahlen muss“, so Kathrin Brügger, Expertin für Arbeitsrecht. „Allerdings muss man auch berücksichtigen, dass die Erhöhung des Mindestlohns für manche Arbeitgeber schwierig zu stemmen sein wird. Sie kann und wird daher in einigen Betrieben zu Entlassungen von Mitarbeitern führen. Auch wird mit der Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro in die Tarifautonomie an sich eingegriffen, da bislang in der Regel Arbeitgeber und Gewerkschaften Arbeitsbedingungen, und dabei auch den Mindestlohn, verhandelt haben. Durch die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro würden einige Tarifverträge zumindest bezüglich des Lohns hinfällig.“

Die Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro war ein Wahlkampfversprechen von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Auch im Koalitionsvertrag zwischen SPD, GRÜNEN und FDP ist die Mindestlohnerhöhung zum 1. Oktober „einmalig per Gesetz“ vereinbart. Aktuell liegt der Mindestlohn in Deutschland bei 9,82 Euro, zum 1. Juli steigt er turnusgemäß auf 10,45 Euro. Nahezu jeder Arbeitnehmer in Deutschland hat Anspruch auf den Mindestbruttolohn – es gelten nur wenige Ausnahmen.

Das Rechtsgutachten argumentiert laut SZ damit, dass mit der Einführung des Mindestlohns 2015 die damalige Bundesregierung einen „Vertrauenstatbestand“ geschaffen habe. „Sie legte damals fest, dass der Mindestlohn anfangs 8,50 Euro betragen solle. Um weitere Erhöhungen sollten sich Arbeitgeber und Gewerkschaften gemeinsam in der Mindestlohnkommission kümmern.“ Als die Bundesregierung Arbeitgeber und Gewerkschaften damit beauftragte, die Erhöhungsschritte in der Mindestlohnkommission festzulegen und die aktuelle Entwicklung der Tariflöhne in die Entscheidung einfließen zu lassen, habe die Regierung eine ‚Systementscheidung‘ getroffen. Diese Entscheidung lasse sich nicht einfach nach einem Machtwechsel revidieren.

„Es bleibt abzuwarten, wie sich der Mindestlohn entwickelt. Natürlich soll gewährleistet werden, dass der, der arbeitet, davon auch gut leben kann. Allerdings darf dies nicht vollständig und zu schnell auf den Rücken der Arbeitgeber ausgetragen werden“, so Brügger.   

Laut SZ fordert der BDA, dass die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro frühestens zum 1. Januar 2023 erfolgt – somit drei Monate später als derzeit geplant. Zudem sollen großzügige Übergangsfristen gelten.

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