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EU-Richtlinie über Verbraucherkredite könnte das „ewige Widerrufsrecht“ abschaffen


Medienberichten zufolge versucht die Bundesregierung im Rahmen der Überarbeitung der EU-Verbraucherkreditrichtlinie das „ewige Widerrufsrecht“ auf ein Jahr und 14 Tage zu begrenzen.

Laut Berichten der Süddeutschen Zeitung (SZ) und des NDR-Politikmagazins Panorama 3 will die Bundesregierung das sogenannte „ewige Widerrufsrecht“ abschaffen. Dies soll angeblich im Rahmen der Überarbeitung der EU-Richtlinie für Verbraucherkredite geschehen.

Das ewige Widerrufsrecht, auch als Widerrufsjoker bekannt, erlaubt es Verbrauchern derzeit, einen Kreditvertrag auch Jahre nach dessen Abschluss zu widerrufen, wenn der Vertrag Fehler wie beispielsweise einen nicht klar festgelegten Zinssatz enthält oder wenn die Bank eine unvollständige Widerrufsbelehrung an die Verbraucher abgeben hat. Erst im September letzten Jahres hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass Kunden, die in ihren Kreditunterlagen unzureichende Informationen erhalten haben, den Kredit unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses widerrufen können.

In dem Verfahren, auf das sich die Entscheidung des EuGH bezog, ging es um Darlehensverträge für Autokäufe. Der EuGH stellte fest, dass jeweils erforderliche Informationen über Verzugszinsen in den Kreditunterlagen fehlten. Obwohl in den Unterlagen eine Belehrung darüber enthalten war, dass die Kunden das Darlehen bis zum Ablauf von 14 Tagen nach dessen Abschluss widerrufen können, zog der EuGH aus dem Informationsdefizit bei Vertragsschluss die Konsequenz, dass der Darlehensvertrag nicht dem EU-Verbraucherschutzrecht entsprach und somit die Widerrufsfrist nie angelaufen war.

Genau diese Widerrufsmöglichkeit will die Bundesregierung nun den Berichten des NDR und der SZ zufolge abschaffen. Angeblich setzt sie sich auf EU-Ebene dafür ein, dass das Widerrufsrecht in der Verbraucherkreditrichtlinie – welche die EU derzeit ohnehin überarbeitet – auf ein Jahr und 14 Tage nach Vertragsabschluss begrenzt wird. Dies gehe aus einem Papier hervor, das SZ und NDR vorliegt. Zudem soll ein Vertreter der Bundesregierung in Brüssel die Pläne zur Abschaffung des ewigen Widerrufsrechts bestätigt haben – das Bundesjustizministerium selbst gab bislang jedoch keine Informationen heraus.

Die Frist von einem Jahr und 14 Tagen würde mit den derzeitigen Regelungen zu Widerrufsrechten bei Verbraucherverträgen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) harmonieren: Für bestimmte Verträge – darunter Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge, Fernabsatzverträge und Ratenlieferungsverträge – sieht das BGB vor, dass das Widerrufsrecht spätestens zwölf Monate und 14 Tage ab einem bestimmten Zeitpunkt, wie dem Vertragsschluss oder dem Erhalt der bestellten Waren, erlischt. Diese Höchstfrist kann auf Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge allein deshalb nicht angewendet werden, weil die Verbraucherkreditrichtlinie dem entgegensteht. „Das ‚ewige Widerrufsrecht‘ stellt für Kreditinstitute ein hohes Risiko dar“, so Anna Schwingenheuer, Expertin für Gerichts- und Schiedsverfahren bei Pinsent Masons. „Es müssen auf eine kaum absehbare Zeit Rücklagen gebildet werden, nicht nur für eventuelle Rückabwicklungen der widerrufenen Verträge, sondern auch für damit verbundene Klageverfahren vor den Gerichten. Eine zeitliche Beschränkung des Widerrufsrechts würde hier mehr Rechtssicherheit bringen.“

Einen Vorschlag zur Überarbeitung der Verbraucherkreditrichtlinie hatte die Europäische Kommission bereits im Juni 2021 veröffentlicht. Ziel sei es vor allem, die bestehenden Regeln zu Verbraucherkrediten zu präzisieren, da der „unpräzise Wortlaut einiger Bestimmungen der Richtlinie“ das reibungslose Funktionieren des EU-Binnenmarkts für Verbraucherkredite behindere und dazu führe, dass kein einheitlich hohes Verbraucherschutzniveau gewährleistet werden könne. Darüber hinaus soll die Überarbeitung der Digitalisierung Rechnung tragen, indem die Neufassung der Richtlinie auch im Onlinehandel gängige Spielarten von Darlehensverträgen einschließt, so beispielsweise die sogenannte „Null-Prozent-Finanzierung“ oder Verträge, durch die ein Produkt jetzt gekauft und erst später bezahlt werden kann.  

Gemäß dem Vorschlag der EU könnten künftig Leasingverträge, zinslose Verbraucherkredite und entgeltfreie Kredite unter die Richtlinie fallen, ebenso wie alle Kreditverträg, die über Peer-to-Peer-Plattformen geschlossen werden. Peer-to-Peer-Kredite sind Darlehen, die direkt vom Kreditgeber an den Kreditnehmer vergeben werden, ohne dass ein Finanzinstitut zwischengeschaltet ist. Es gibt Plattformen, die sich auf die Vermittlung solcher Kredite spezialisiert haben. Alle künftig von der Richtlinie erfassten Kreditformen müssten auch die Vorgaben der Richtlinie erfüllen, beispielsweise bestimmte Kriterien zur Transparenz der Verträge und zum Widerrufsrecht.

„Die Überarbeitung der Verbraucherkreditrichtlinie stellt sicher, dass Informationen zu Krediten klar sein und den digitalen Geräten entsprechen müssen, damit die Verbraucher verstehen, was sie unterschreiben“, so die EU-Kommission bei der Vorstellung ihres Vorschlags. Darüber hinaus werde die Richtlinie die Vorschriften verbessern, die regeln, wie die Kreditwürdigkeit von Verbrauchern bewertet wird. Auch dürfte Verbrauchern beim Abschluss eines Kreditvertrags im Internet nicht mehr voreingestellt angezeigt werden, welche Felder im Formular durch sie angekreuzt werden sollen.

Mit einer Einigung zur Änderung der Verbraucherkreditrichtlinie zwischen Europäischem Rat und Europäischem Parlament rechnen Experten noch in diesem Sommer. Im Herbst sollen die Regelungen dann offiziell verabschiedet werden.

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