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15 Dec 2015, 12:00 pm
Dürfen Arbeitgeber in ihrer Stellenanzeige „sehr gute Englischkenntnisse in Wort und Schrift“ for-dern? Und dürfen Bewerber mit lediglich guten Englischkenntnissen in diesem Fall abgewiesen wer-den oder ist dies eine Diskriminierung von Arbeitnehmern, die nicht aus einem englischsprachigen Land stammen? Wichtige Fragen für alle internationalen Unternehmen in Deutschland, die von ihren Bewerbern englische Sprachkenntnisse fordern.
„Sehr gute Englischkenntnisse in Wort und Schrift“ – so formulierte ein Softwareunternehmen die Anforderungen für die Position eines Java Entwicklers in seiner Stellenanzeige. Auf diese Stelle bewarb sich eine in Russland geborene Softwareentwicklerin, die ihre englischen Sprachkenntnisse in der Bewerbung selbst als „gut“ beschrieb und wurde abgelehnt. Die Bewerberin hielt dies für eine Diskriminierung aufgrund ihrer ethnischen Herkunft und klagte auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Das Arbeitsgericht Hamburg lehnte eine Entschädigung nach § 15 AGG ab. Zur Durchführung des Berufungsverfahrens beantragte die Klägerin Prozesskostenhilfe. Diesen Antrag lehnte das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg ab, da die Klage aus Sicht des Gerichts nicht hinreichend Aussicht auf Erfolg bot.
Das LAG Hamburg sah in der Forderung nach „sehr guten Eng-lischkenntnissen in Wort und Schrift“ im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte für eine Diskriminierung wegen ethnischer Herkunft. Verlange ein internationales Unternehmen für die Stelle eines Programmierers sehr gute Englischkenntnisse, so sei dies legitim. Die Bewerberin habe kein hinreichendes Indiz gemäß § 22 AGG für eine Diskriminierung nachgewiesen.
Nach § 22 AGG muss der Kläger lediglich Indizien beweisen, die auf eine Diskriminierung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes hinweisen. Die Bewerberin sah diese Indizien in der Ablehnung ihrer Bewerbung und fühlte sich aufgrund ihrer ethnischen Herkunft diskriminiert.
Das Gericht sah in der Ablehnung der Bewerberin keine hinreichenden Indizien für eine Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft. In einer vernetzten Welt sei die Forderung nach sehr guten Englischkenntnissen in einer Stellenanzeige für Java Entwickler, also Spezialisten in der IT-Branche, in der Regel sachlich gerechtfertigt. In dieser Brache sei Englisch die vorherrschende Kommunikationssprache. Daher sei es ein legitimes unternehmerisches Ziel sehr gute Englischkenntnisse für Programmierer in internationalen Unternehmen zu fordern. Dies sei daher nicht unverhältnismäßig.
Für international ausgerichtete Unternehmen ist diese Entscheidung erfreulich und wird neben der IT-Branche für alle international tätigen Unternehmen, in denen Englisch vorherrschende Kommunikationssprache ist, relevant sein.
Zu beachten ist jedoch, dass sehr gute Englischkenntnisse auch nach dieser Rechtsprechung nur bei internationaler Ausrichtung des Unternehmens gefordert werden dürfen und das geforderte Sprachniveau zudem den Aufgaben der ausgeschriebenen Stelle entsprechen muss.
Vorsicht ist zudem nach wie vor bei der genauen Formulierung einer Stellenanzeige geboten: Beispielsweise urteilte das LAG Hessen am 15. Juni 2015, die Anforderung „Deutsch als Muttersprache“ in einer Stellenanzeige sei für Bewerber mit einer anderer Muttersprache eine Diskriminierung wegen ethnischer Herkunft.
LAG Hamburg, Beschluss vom 19. Mai 2015 – 5 Sa 79/14