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Karneval fällt aus – wann trotzdem Anspruch auf Freistellung an Rosenmontag besteht


Nach der Corona-bedingten Absage der Karnevalsumzüge sehen sich Arbeitgeber in vielen Regionen Deutschlands mit der Frage konfrontiert, ob sie ihre Arbeitnehmer dennoch am Rosenmontag von der Arbeit freistellen müssen.

In den Karnevalsregionen ist es für viele Arbeitgeber Gang und Gäbe, ihre Arbeitnehmer an Rosenmontag freizustellen, damit sie an Karnevalsumzügen und -sitzungen teilnehmen können. Solche Veranstaltungen wurden allerdings in diesem Jahr jedenfalls in der gewohnten Form aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt, sodass sich nun viele Arbeitgeber fragen, ob sie ihren Arbeitnehmern an Rosenmontag trotzdem frei geben müssen.

Rosenmontag ist kein gesetzlicher Feiertag, ein grundsätzlicher Anspruch auf Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung besteht daher nicht. Auch aus der Einordnung als regionaler Brauchtumstag, an dem in bestimmten Regionen häufig nicht gearbeitet wird, ergibt sich kein Anspruch auf eine Arbeitsbefreiung.

Allerdings kann sich ein Anspruch auf Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung aus arbeitsvertraglichen Regelungen, Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen ergeben. In den überwiegenden Fällen dürften Arbeitnehmer jedoch seit vielen Jahren an Rosenmontag unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt worden sein, ohne dass hierzu ausdrückliche Regelungen getroffen wurden.

In diesen Fällen könnte ein Anspruch auf Freistellung an Rosenmontag in diesem Jahr auf Grundlage einer „betrieblichen Übung“ geltend gemacht werden. So bezeichnet man im Arbeitsrecht den Umstand, dass ein Arbeitnehmer aus der regelmäßigen Wiederholung bestimmter begünstigender Verhaltensweisen des Arbeitgebers ableiten darf, dass der Arbeitgeber sich auch in Zukunft so verhalten wird.

Ein Anspruch aus betrieblicher Übung würde voraussetzen, dass die Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung an Rosenmontag in den vergangenen Jahren mehrfach und ohne Vorbehalt gewährt wurde und auch sonstige arbeitsvertragliche Regelungen dem Entstehen einer betrieblichen Übung nicht entgegenstehen.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich bisher ausschließlich zu den Anforderungen an das Entstehen einer entsprechenden betrieblichen Übung im öffentlichen Dienst positioniert. In seinem Urteil vom 24. März 1993 (5 AZR 16/92) beschäftigte es sich mit dem Thema, nachdem aufgrund des Golfkriegs im Jahr 1991 die Rosenmontagsumzüge abgesagt worden waren. Das BAG kam zu dem Urteil, dass die Grundsätze zur betrieblichen Übung für Arbeitsverhältnisse des öffentlichen Dienstes nur eingeschränkt gelten.

Für diese Arbeitsverhältnisse sei davon auszugehen, dass der Arbeitgeber im Zweifel nur die von ihm zu beachtenden gesetzlichen und tarifvertraglichen Normen vollziehen wolle. Daher müssten selbst bei langjährig gewährten Leistungen oder Vergünstigungen – wie hier der Gewährung eines freien Tages an Rosenmontag – besondere zusätzliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der öffentlich-rechtliche Arbeitgeber diese Leistung über das gewährte tarifliche Entgelt hinaus auf Dauer einräumen wolle.

Sofern solche besonderen Anhaltspunkte nicht bestehen oder der Arbeitgeber in der Vergangenheit sogar ausdrücklich auf den Ausnahmecharakter einer Freistellung hingewiesen hat, dürfte es jedenfalls in öffentlich-rechtlichen Unternehmen in diesem Jahr ohne weiteres möglich sein, von einer Freistellung der Arbeitnehmer an Rosenmontag abzusehen. So hat die Landesregierung Nordrhein-Westfalens in ihrer Kabinettssitzung am 12. Januar beschlossen, dass am diesjährigen Rosenmontag in allen Dienststellen des Landes Dienst zu leisten ist.

Die Entscheidung des BAG auf formprivatisierte Unternehmen wie Stadtwerke oder andere kommunale Unternehmen entsprechend anzuwenden, erscheint wenig überzeugend.

Stattdessen könnte einer betrieblichen Übung im privatwirtschaftlichen Bereich entgegengehalten werden, dass im Jahr 2021 von vornherein der sachliche Anknüpfungspunkt für eine Arbeitsbefreiung und damit auch für die betriebliche Übung entfällt, da eine Freistellung an Rosenmontag auch in der Vergangenheit nur gewährt wurde, um den Arbeitnehmern die Brauchtumspflege durch die Teilnahme an Karnevalsfeiern oder Umzügen zu ermöglichen und um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass viele Arbeitsplätze wegen dieser Veranstaltungen für die Arbeitnehmer nicht oder nur schwer zu erreichen waren.

Der diesjährige Ausfall der Veranstaltungen in der herkömmlichen Form kann grundsätzlich dem Anspruch auf Arbeitsbefreiung entgegenstehen – aber wohl nur dann, wenn der oben genannte Zweck der Arbeitsbefreiung (die Ermöglichung der Teilnahme an Veranstaltungen oder die erschwerte Arbeitsplatzerreichbarkeit) in der Vergangenheit ausdrücklich kommuniziert wurde. Dies dürfte jedoch nur bei wenigen Arbeitgebern der Fall sein. Und sogar diesen Arbeitgebern könnte unter Umständen noch entgegengehalten werden, dass karnevalistische Aktivitäten selbst in diesem Jahr nicht vollständig ausgeschlossen sind – so soll etwa der Kölner Karnevalszug an Rosenmontag in Form eines Puppenspiels stattfinden und voraussichtlich auch live übertragen werden.

Aufgrund der bestehenden Rechtsunsicherheit treffen Arbeitgeber in der Praxis bereits Sonderregelungen für den anstehenden Rosenmontag – unter Mitbestimmung des Betriebsrates, sofern ein solcher besteht. Teilweise wird Arbeitnehmern auch in diesem Jahr an Rosenmontag ein freier Tag gewährt, etwa um für die erbrachte Arbeitsleistung in einem besonderen Jahr zu danken. Andere Unternehmen appellieren in den wirtschaftlich herausfordernden Zeiten, insbesondere wenn sich Teile der Belegschaft in Kurzarbeit befinden, an die Solidarität der Arbeitnehmer, gerade nicht auf einen gegebenenfalls bestehenden Anspruch auf vergütete Freistellung an Rosenmontag zu bestehen.

Aus Arbeitgebersicht ist der Rosenmontag in Zeiten der Pandemie ein anschauliches Beispiel dafür, dass es immer empfehlenswert ist, arbeitgeberseitige Leistungen und ihre Voraussetzungen klar zu regeln, um die mit einer betrieblichen Übung verbundenen Unsicherheiten von vornherein auszuschließen.

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