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Autobauer und Zementhersteller stehen wegen Klimawandel vor Gericht


Ein Biobauer hatte mit Unterstützung von Greenpeace Klage gegen einen großen deutschen Automobilhersteller eingereicht. Das Gericht machte dem Kläger nun wenig Hoffnung auf Erfolg. In der Schweiz wurde derweil einer der weltgrößten Zementhersteller verklagt.

Der Bio-Landwirt Ulf Allhoff-Cramer hatte im Frühjahr 2021 vor dem Landgericht (LG) Detmold Klage gegen Volkswagen (VW) eingereicht. Letzten Freitag fand nun die zweite mündliche Verhandlung in der Sache statt.

Unter anderem will Allhoff-Cramer den Autobauer mittels eines Unterlassungsantrags dazu bringen, aus Klimaschutzgründen weltweit die Produktion und den Verkauf von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor bis zum Jahr 2030 komplett einzustellen. Unterstützt wird er hierbei von Greenpeace.

Allhoff-Cramer stammt aus dem Kreis Lippe und betreibt einen Biobauernhof mit angeschlossener Forstwirtschaft. Vor Gericht macht er geltend, dass der zweitgrößte Autobauer der Welt aufgrund der CO2-Emissionen seiner Fahrzeuge mitverantwortlich sei für Schäden, die durch Dürren und Starkregen für seinen Betrieb, Hof und Wald entstanden sind und entstehen werden.

In der ersten mündlichen Verhandlung im Mai 2022 hatte das Gericht sich bereits kritisch zur Klage geäußert. Es sei von dem Kläger konkret darzulegen, welche Beeinträchtigungen er erfahre und welche seiner Rechte durch die CO2-Emissionen verletzt würden. Außerdem sah das LG Detmold damals Probleme im Hinblick auf die Kausalität. So sei zum Beispiel unklar, wie und ob dem Autohersteller der CO2-Ausstoß und die damit verbundenen Folgen zuzurechnen seien. Im Anschluss an die erste mündliche Verhandlung hatten die Anwälte von Allhoff-Cramer die Klageanträge zum Teil „geändert und umfangreich ergänzt“, so das Gericht.

Im Rahmen der zweiten mündlichen Verhandlung legte der Kläger nochmals dar, dass es eine Kausalkette von den Emissionen des Automobilkonzerns hin zu den konkreten Schäden und Beeinträchtigungen an seinem Bauernhof gebe. In diesem Zusammenhang legte Allhoff-Cramer auch ein entsprechendes Gutachten eines Potsdamer Klimaforschers vor. Dieser vertritt darin die Auffassung, dass es im Rahmen der sogenannten Attributionswissenschaft möglich sei, eine juristisch haltbare Kausalkette zwischen Emissionen und den Veränderungen im Rahmen des Klimawandels darzulegen.

VW wandte sich gegen diese Sichtweise und auch das Gericht äußerte Zweifel an einem entsprechend belegbaren Zusammenhang zwischen bestimmten Emissionen und konkreten Nachteilen einzelner Personen.

Die Klägerseite verwies sodann auf das Verfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm gegen einen großen deutschen Energiekonzern und regte an, dass das LG Detmold ebenso wie das OLG Hamm eine Beweisaufnahme zur Frage der Kausalität durchführe.

Die Beklagtenseite wandte, wie oft in derartigen „Klimaklagen“ der Fall, das Prinzip der Gewaltenteilung ein und verwies darauf, dass es nicht die Aufgabe der Gerichte sei, schwierige gesellschaftspolitische Fragen zu entscheiden, sondern dass vielmehr der Gesetzgeber dazu berufen sei, einen angemessenen Ausgleich zwischen den zahlreichen widerstreitenden Interessen zu schaffen.

Das Gericht sah seinerseits „Schwierigkeiten“ im Umgang mit dem klägerseits vorgebrachten „Recht auf Erhalt treibhausgasbezogener Freiheit“, das sich aus dem Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom März 2021 ergebe. 

Für Freitag, den 24. Februar 2023, beraumte das Gericht einen Termin zur Verkündung seiner Entscheidung an. Greenpeace kündigte an, vor die nächsthöhere Gerichtsinstanz zu ziehen, sollte das LG die Klage abweisen.

Bei deutschen Gerichten sind noch weitere Klimaklagen gegen deutsche Automobilhersteller anhängig. Eine Klage gegen Mercedes-Benz wies das Landgericht Stuttgart allerdings bereits im September 2022 ab.

Klimaklagen nehmen weltweit zu und werden immer variantenreicher, sowohl, was ihre rechtliche Begründung angeht, als auch in der Auswahl der Klagegegner. Experten gehen davon aus, dass die Zahl dieser Klagen weiter steigt, da die Gesellschaft zunehmend die Verantwortlichkeit des Menschen für den Klimawandel anerkennt und dies auch juristisch Berücksichtigung findet. Dementsprechend ist für Unternehmen das Risiko, Gegenstand einer Klimaklage zu werden, in den letzten Jahren deutlich gestiegen.

So wurde letzte Woche ein Gerichtsverfahren im Schweizer Kanton Zug gegen einen der weltgrößten Zementhersteller eingeleitet. Nachdem ein im Juli 2022 initiiertes Schlichtungsverfahren erfolglos geblieben war, erhoben nun vier Bewohner der indonesischen Insel Pari mit Hilfe mehrerer NGOs Klage gegen das Unternehmen.

Hierin fordern sie einen proportionalen Ausgleich der klimabedingten Schäden auf Pari, eine finanzielle Beteiligung an den Flutschutzmaßnahmen für die Insel und die Senkung der CO2-Emissionen des Zementherstellers um 43 Prozent bis 2030 gegenüber den Werten von 2019.

Diese Klimaklage ist deshalb besonders, da sie die Aspekte der Verpflichtung zur Reduktion von Treibhausgasen und Schadensersatzforderungen in einem einzigen Verfahren kombiniert.

Der Zementhersteller dürfte Ziel der Klage geworden sein, da diese Branche als eine der größten Treibhausgasemittenten überhaupt gilt. Bei der Herstellung von Zement wird überwiegend Klinker verwendet, der für die Aushärtung des Materials verantwortlich ist und einen großen CO2-Fußabdruck hat.

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