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Ausnahmen vom Urheberrecht werden durch das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht erweitert


Nach einem Urteil des obersten Gerichts der EU gibt das im EU-Recht vorgesehene Recht auf freie Meinungsäußerung Medienunternehmen keine über die Bestimmungen des Urheberrechts hinausgehende Befugnis zur Veröffentlichung urheberrechtlich geschützter Inhalte ohne die Zustimmung des jeweiligen Rechteinhabers.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) bekräftigte diese Position in einem kürzlich ergangenen Urteil, dem ein Rechtsstreit zwischen dem Online-Verlag Funke Medien und der deutschen Bundesregierung zu Grunde lag. Bei dem Fall ging es um die Veröffentlichung militärischer Lageberichte der Bundesregierung über den Einsatz der Bundeswehr durch Funke Medien.

Nach Ansicht der Bundesregierung stellte die Veröffentlichung von rund 5.000 Seiten ihrer vertraulichen Wochenberichte über den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan durch Funke Medien eine Verletzung ihres Urheberrechts dar. Wie sich aus dem EuGH-Urteil ergibt, gelangte Funke Medien auf unbekanntem Weg an die Dokumente, nachdem der Verlag zuvor vergeblich bei den zuständigen Behörden Zugang zu den Papieren verlangt hatte.

Vor seiner Entscheidung in der Sache bat der Bundesgerichtshof (BGH) den EuGH unter anderem um Klärung, ob die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Rechte Auswirkungen auf den Umfang der im EU-Urheberrecht vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen haben. Das EU-Urheberrecht gibt Urhebern ein ausschließliches Recht zu bestimmen, ob und wie ihre Werke vervielfältigt und verbreitet werden – ein Recht, welches gleichzeitig aber auch gewissen im Gesetz vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen unterliegt.

Der EuGH wies in seinem Urteil darauf hin, dass die in der Charta verankerten Bestimmungen über die Informations- und Pressefreiheit „außerhalb der in [….] der EU-Urheberrechtsrichtlinie vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen keine Abweichung von den ausschließlichen Rechten des Urhebers zur Vervielfältigung und zur öffentlichen Wiedergabe rechtfertigen können.“

Das Gericht erklärte, dass das Urheberrecht der EU sowohl die Rechte und Interessen der Inhaber des Urheberrechts als auch die oft konkurrierenden Rechte von potenziellen Nutzern urheberrechtlich geschützter Werke berücksichtige, indem es einen angemessenen Ausgleich zwischen den in der Charta garantierten Rechten am geistigen Eigentum auf der einen Seite und den anderen in der Charta festgelegten Rechten in Bezug auf die Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit sowie dem Allgemeininteresse auf der anderen Seite sichere.

Der EuGH betonte, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte mit Blick auf die Abwägung zwischen dem Urheberrecht und dem Recht auf freie Meinungsäußerung berücksichtigt werden muss, dass die Art der betreffenden „Rede“ oder Information insbesondere im Rahmen der politischen Auseinandersetzung oder einer Diskussion, die das allgemeine Interesse berührt, von besonderer Bedeutung ist.

Nach Ansicht des EU-Gerichts hat nunmehr der BGH zu prüfen, ob militärische Lageberichte überhaupt urheberrechtlich geschützt sind, und dann gegebenenfalls zu entscheiden, ob Funke Medien sich für seine Veröffentlichung der Dokumente auf eine Ausnahme oder Beschränkung des Urheberrechts stützen kann.

Laut EuGH können militärische Lageberichte nur dann als urheberrechtlich geschützte „Werke“ im Sinne des EU-Urheberrechts angesehen werden, wenn sie eine geistige Schöpfung ihres Urhebers sind, in der seine Persönlichkeit zum Ausdruck kommt und die sich in seinen bei ihrer Ausarbeitung frei getroffenen kreativen Entscheidungen ausdrückt.

Nach Auffassung des EuGH könnte die Veröffentlichung der militärischen Lageberichte durch Funke Medien unter die im EU-Urheberrecht vorgesehene Ausnahme der Berichterstattung über Tagesereignisse fallen. Auch diese Frage wurde zur Entscheidung an den BGH zurückverwiesen.

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