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BGH entscheidet über Verjährung bei unwirksamen Prämienerhöhungen in der PKV


Bei Rückforderung von unwirksam erhöhten Beiträgen in der PKV beginnt die Verjährungsfrist bereits dann zu laufen, wenn der Versicherte die erhöhten Beiträge geleistet hat und Grund hat, von einer fehlenden Rechtsgrundlage für die Erhöhung auszugehen. Das hat der Bundesgerichtshof kürzlich entschieden.

Der Bundesgerichtshof (BGH) sprach dieses Urteil (Aktenzeichen IV ZR 113/20) im Fall eines Versicherungsnehmers, der die Erhöhungsbeträge seiner Beiträge für die private Krankenversicherung (PKV) zurückforderte, die er seit dem Jahr 2008 aufgrund von Prämienanpassungen gezahlt hatte. Der Versicherungsnehmer erhob im Jahr 2018 Klage und begründete seine Ansprüche damit, dass die Erhöhung der Beiträge unwirksam sei, da nicht ausreichend durch die Versicherung begründet. Der BGH entschied jedoch, dass Ansprüche auf Rückzahlung der bis zum 31. Dezember 2014 gezahlten Erhöhungsbeträge bereits verjährt sind.

„Insbesondere auch nach einem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union aus Juni diesen Jahres in mehreren französischen Verfahren, die Fremdwährungsdarlehen betrafen, herrschte in der Versicherungsbranche Unsicherheit darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen Rückforderungsansprüche nach unwirksamer Prämienanpassung verjähren und wann die Verjährungsfrist beginnt“, so Johanna Weißbach, Expertin für Rechtsstreitigkeiten im Bereich Versicherungsdienstleistungen bei Pinsent Masons. „Hier schafft das Urteil des BGH nun Klarheit zugunsten der Versicherungen.“

Der private Krankenversicherer hatte die Beiträge des Versicherungsnehmers in den Jahren 2008, 2009, 2013 und 2016 erhöht. Der Versicherungsnehmer war jedoch der Auffassung, dass die Beitragserhöhungen in den entsprechenden Informationsschreiben der Versicherung nicht ausreichend begründet worden waren und daher unwirksam seien: Paragraf 203 Absatz 5 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) regelt, dass Prämienanpassungen nur dann wirksam sind, wenn die Versicherung dem Versicherungsnehmer die Gründe für die Erhöhung hinreichend darlegt.

Seine Klage reichte der Versicherungsnehmer allerdings erst 2018 ein, somit rund zehn Jahre nach der ersten Prämienerhöhung. Dennoch forderte er die gezahlten Erhöhungsbeträge vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2017 zurück. Das Landgericht Köln gab ihm in erster Instanz Recht, da es nicht davon ausging, dass die Verjährungsfrist bereits 2008 zu laufen begonnen hatte. Die Versicherung wehrte sich gegen das Urteil, woraufhin das Oberlandesgericht Köln es teilweise abänderte und die Versicherung dazu verurteilte, lediglich die vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2017 geleisteten Erhöhungsbeträge an den Versicherungsnehmer zurückzuzahlen. Alle vor diesem Zeitraum liegenden Ansprüche erklärte es für verjährt.

Gegen dieses Urteil legten sowohl der Versicherungsnehmer als auch die Versicherung Revision ein. Der BGH schloss sich, was die Verjährungsfrist angeht, dem Urteil des OLG Köln an. Er begründete seine Entscheidung damit, dass der Kläger im zugrunde liegenden Fall mit Zugang der jeweiligen Änderungsmitteilung bereits Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen hatte. Es sei für den Kläger zumutbar gewesen, aufgrund dieser Kenntnis schon damals Klage zu erheben. Die Voraussetzungen für den Verjährungsbeginn liegen damit vor, so der BGH. Denn für die Zumutbarkeit der Klageerhebung sei in der Regel nicht erforderlich, dass der Gläubiger eines Anspruchs aus den ihm bekannten Tatsachen die richtigen rechtlichen Schlüsse zieht.

„Der Versicherungsnehmer hätte nach Auffassung des BGH schon früher erkennen können und müssen, dass er einen Anspruch auf Rückzahlung der Erhöhungsbeträge haben könnte. Da er von seinem Recht zu klagen aber nicht binnen der Verjährungsfrist von drei Jahren Gebrauch machte, ist ein Großteil seiner Ansprüche nun verjährt“, erläutert Anna Schwingenheuer, Expertin für Rechtsstreitigkeiten bei Pinsent Masons. „Die dreijährige Regelverjährung beginnt grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den Umständen, die den Anspruch begründen, und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.“

Laut BGH kann nur ausnahmsweise die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. Das treffe auf den vorliegenden Fall jedoch nicht zu.

Zudem teilte der BGH mit, dass er das Verfahren an das Oberlandesgericht Köln zurückverweise, „damit es die materielle Rechtmäßigkeit der Prämienanpassungen aus den Jahren 2008, 2009 und 2013 im Hinblick auf die in nicht verjährter Zeit gezahlten Erhöhungsbeträge prüfen kann.“ Somit ist noch offen, ob die Prämienerhöhungen tatsächlich unwirksam sind und der Versicherungsnehmer überhaupt mit einer Rückzahlung der Erhöhungsbeträge für die Jahre 2015, 2016 und 2017 rechnen kann.

„Für Versicherer bringt das Urteil des BGH mehr Rechtssicherheit zum Thema Verjährung. Es kann davon ausgegangen werden, dass auch außerhalb des konkreten Anwendungsbereichs des Urteils die Durchsetzung von Rückforderungsansprüchen erschwert ist“, so Schwingenheuers Resümee.

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