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Bundeswirtschaftsministerium will Wettbewerbsrecht verschärfen


Ein neuer Gesetzesentwurf sieht unter anderem vor, dass das Bundeskartellamt mehr Handlungsbefugnisse nach Sektoruntersuchungen erhält und Gewinne aus Kartellverstößen leichter abgeschöpft werden können.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) will das Wettbewerbsrecht gezielt verschärfen und hat einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorgelegt. Der Entwurf des „Wettbewerbsdurchsetzungsgesetzes" wurde bislang nicht veröffentlicht. Das Ministerium fasste seinen Inhalt jedoch zusammen und kündigte an, es werde den Entwurf in Kürze in die Abstimmung mit den anderen Ressorts geben.

Die geplante 11. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) soll laut BMWK vor allem dazu beitragen, dass der Wettbewerb im Sinne der Verbraucher gestärkt wird: „Dort, wo die Marktstruktur dem Wettbewerb entgegensteht, etwa weil es nur wenige Anbieter im Markt gibt und regelmäßig parallele Preisentwicklungen zu Lasten der Verbraucher zu beobachten sind, sollen die Eingriffsinstrumente des Kartellrechts gestärkt werden", teilte das BMWK mit.

Daher sehe der Gesetzesentwurf vor, dass die Befugnisse des Bundeskartellamtes (BKartA) "zum Schutz der Verbraucher" ausgeweitet werden. Dies soll durch ein neues Eingriffsinstrument geschehen, mit dem das BKartA die Möglichkeit erhält, im Anschluss an eine Sektoruntersuchung die festgestellten Störungen des Wettbewerbs schnell und effektiv zu beheben – was ihm bislang nicht möglich ist. So sollen beispielsweise parallele Preisentwicklungen in Märkten mit nur wenigen Anbietern vermieden werden. Das BMWK nennt hier explizit Benzinpreise als Beispiel. Ziel sei eine "umfassende Durchsetzung des Wettbewerbsprinzips" in Deutschland, insbesondere in Märkten mit "strukturellen Wettbewerbsstörungen".

"Die bisherigen Sektoruntersuchungen – beispielsweise zu Kraftstoffpreisen, Vergleichsportalen, Suchmaschinen und Nutzerbewertungen – haben verdeutlicht, dass das Amt Missstände zwar aufdecken, aber nicht abstellen kann", erläutert Dr. Laura Stammwitz, Expertin für Kartellrecht bei Pinsent Masons. „Dies wird sich künftig ändern. Wie in Großbritannien kann die Wettbewerbsbehörde dann auch gezielt eingreifen und den Unternehmen bestimmte Verhaltensweisen verbieten."

Die Eingriffsbefugnisse, die das BKartA künftig im Anschluss an eine Sektoruntersuchung haben soll, wären vielfältig: So soll es die Marktteilnehmer unter anderem dazu verpflichten können, offene Standards zu etablieren, den Zugang zu Schnittstellen zu gewähren, ein wirksames Beschwerdemanagement einzurichten, Lieferbeziehungen zu verändern oder Unternehmensbereiche organisatorisch zu trennen. Als letztes Mittel soll es auch die Entflechtung von Unternehmen anordnen können. Durch derartige Maßnahmen soll in Märkten mit „vermachteten Strukturen" mehr Wettbewerb entstehen, was laut BMWK letztlich auch zu niedrigeren Preisen für Verbraucher führen werde. „Von besonderer Bedeutung für Unternehmen wird die ebenfalls vorgesehene erweiterte Fusionskontrolle sein, die im Anschluss an eine Sektoruntersuchung greifen soll," so Dr. Stammwitz. „Unternehmen sollen im Anschluss an eine Sektoruntersuchung verpflichtet werden können, relevante Zusammenschlüsse anzumelden. Es dürfte dann also nicht mehr auf die üblichen Schwellenwerte ankommen." 

Laut Gesetzesentwurf sollen Sektoruntersuchungen maximal 18 Monate dauern. Anschließend hätte das BKartA weitere 18 Monate Zeit, entsprechende Maßnahmen anzuordnen.

Der Gesetzentwurf sieht auch vor, dass Vorteile, die Unternehmen durch Kartellrechtsverstöße erzielt haben, künftig leichter abgeschöpft werden können. Im Vergleich zur derzeitigen Situation werden die Hürden für die Möglichkeit einer Gewinnabschöpfung gesenkt. Bislang waren die Hürden so hoch, dass dieses Instrument noch nie angewendet wurde. Dies lag unter anderem an den dafür erforderlichen komplexen Berechnungen des wirtschaftlichen Vorteils. Künftig soll bei einem nachgewiesenen Kartellrechtsverstoß die Vermutung gelten, dass das Unternehmen einen Vorteil in Höhe von einem Prozent seiner Inlandsumsätze mit dem vom Kartellverstoß betroffenen Produkt erzielt hat. Ob das Unternehmen schuldhaft gehandelt hat oder nicht, soll künftig irrelevant sein.

Darüber hinaus soll das geplante „Wettbewerbsdurchsetzungsgesetz“ die rechtlichen Grundlagen dafür schaffen, dass das BKartA die Europäische Kommission bei der Durchsetzung des Digital Markets Act (DMA) unterstützen kann. Außerdem soll eine Möglichkeit zur gerichtlichen Durchsetzung des DMA in Deutschland eingeführt werden. Der DMA reguliert das Verhalten von Betreibern zentraler Plattformdienste, die eine gewisse Größe erreicht haben. 

Das BMWK kündigte außerdem eine weitere Novelle des Wettbewerbsrechts an, die im weiteren Verlauf der Legislaturperiode erfolgen soll. Dr. Stammwitz: „Wie schon angekündigt, wird das Kartellrecht in dieser Legislaturperiode mit mehreren Novellen nachgeschärft. Mit Spannung zu erwarten ist auch die 12. GWB-Novelle, die einen Schwerpunkt auf den Verbraucherschutz legen wird. Unternehmen können auch auf Leitplanken hoffen, die Ihnen mehr Sicherheit bei Nachhaltigkeitskooperationen geben." 

Auf europäischer Ebene hatte die EU-Kommission bereits im März 2022 einen Entwurf zur Aktualisierung der sogenannten Horizontal-Leitlinien veröffentlicht, der erstmals auch ein Kapitel zu Nachhaltigkeits-Kooperationen enthält und Unternehmen dabei helfen soll zu beurteilen, ob Nachhaltigkeitskooperationen, die sie mit Wettbewerbern eingehen, dem europäischen Wettbewerbsrecht entsprechen. Die finalen Leitlinien werden bis Ende des Jahres vorliegen.

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