Ab Juli dieses Jahres sollen nach Deutschland entsandte Arbeitnehmer*innen genauso viel verdienen, wie ihre einheimischen Kolleg*innen.

 

Der Bundestag hat einem entsprechenden Gesetzesentwurf der Bundesregierung nun zugestimmt. Das Gesetz soll die bereits 2018 verabschiedete EU-Entsenderichtlinie in deutsches Recht überführen.

„Die Neuregelungen der EU-Entsenderichtlinie sind sinnvoll und zu begrüßen, da bessere Arbeitsbedingungen für entsandte Arbeitnehmer*innen in vielen Branchen dringend notwendig sind“, so Carolin Kaiser, Expertin für Arbeitsrecht bei Pinsent Masons, der Kanzlei hinter Out-Law. „Allerdings bleibt abzuwarten, ob dieses Ziel auch tatsächlich erreicht werden wird oder ob es nicht auch zu negativen Auswirkungen auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU kommen wird. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass die Beschäftigung von entsandten Arbeitnehmer*innen vor allem aus den osteuropäischen Niedriglohnländern quantitativ abnehmen wird, da ihr Einsatz aus finanzieller Sicht für manche Unternehmen kaum mehr rentabel sein wird.“

Das neue Gesetz regelt, dass nach Deutschland entsandte Arbeitnehmer*innen nicht mehr nur Anspruch auf den Mindestlohn, sondern auf sämtliche im Aufnahmestaat geltenden Vergütungsvorschriften haben. Das heißt, neben der Grundvergütung wird entsandten Arbeitnehmer*innen auch Anspruch auf sämtliche weitere Vergütungsbestandteile wie Prämien oder Zulagen gewährt, soweit diese gesetzlich oder in allgemeinverbindlichen Tarifverträgen festgeschrieben sind. Dazu können beispielsweise Weihnachts- und Urlaubsgeld, Schmutz- und Gefahrenzulage zählen.

Gabriele Hofmann

Rechtsanwältin, Associate

Es ist damit zu rechnen, dass es kaum mehr langfristige Entsendungen geben wird.

„Da die Reform der Entsenderichtlinie zudem vorsieht, dass für entsandte Arbeitnehmer*innen mit einer Entsendedauer von über zwölf Monaten alle Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen des Gastlandes garantiert werden müssen, ist damit zu rechnen, dass es kaum mehr langfristige Entsendungen geben wird“, so Gabriele Kaderka, Expertin für Arbeitsrecht bei Pinsent Masons. Arbeitgeber können zwar eine Fristverlängerung um sechs Monate beantragen, sie soll allerdings laut Bundesregierung nur in begründeten Ausnahmefällen gewährt werden.

Darüber hinaus sieht das neue Gesetz vor, dass Zulagen für Reise-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden dürfen. Bei Dienstreisen im Inland soll in Zukunft außerdem das Unternehmen die Reiskosten tragen.

Fernfahrer*innen und der Straßenverkehrssektor sind von den Änderungen ausgenommen.

Die Überarbeitung der Entsenderichtlinie soll die Arbeitsbedingungen entsandter Arbeitskräfte verbessern und zugleich die Wirtschaft vor Lohn-Dumping und unfairer Konkurrenz schützen: Wenn Unternehmen aus dem EU-Ausland Aufträge in Deutschland annehmen und ihre Beschäftigten nach Deutschland schicken, um die Aufträge auszuführen, erhalten die Beschäftigten laut Bundesregierung oft weniger Lohn als ihre bei deutschen Unternehmen angestellten Kolleg*innen. Die Entsenderichtlinie der EU soll dementsprechend für ein gewisses Maß an Einheitlichkeit sorgen.

„Es bleibt festzuhalten, dass auch die Reform der Entsenderichtlinie nicht auf alle Eigenheiten in den europäischen Jurisdiktionen eingehen kann“, so Kaderka. „Unternehmen, die ihre Arbeitnehmer*innen in unterschiedliche EU-Länder entsenden, müssen daher noch strikter auf die diversen Regelungen in den aufnehmenden EU-Ländern achten und die jeweiligen Besonderheiten und Tarifwerke, insbesondere zur Entlohnung, stets verfolgen. Dies bedeutet für Unternehmen einen erheblichen Administrationsaufwand.“

Unklarheit herrsche zudem auch darüber, ob die EU-Entsenderichtlinie auch bei kurzen oder nur eintägigen Dienstreisen gilt. „Dies führt zu Verunsicherung bei Unternehmen wie auch bei Arbeitnehmer*innen“, so Kaiser.

Damit das neue Gesetz am 30. Juli in Kraft treten kann, bedarf es noch der Zustimmung des Bundesrats.

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