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BGH-Urteil: Betriebsschließungsversicherung haftet nicht für Corona-Lockdown


Abhängig vom genauen Wortlaut der Versicherungsbedingungen muss eine Betriebsschließungsversicherung nicht für Schließungen während des COVID-19-Lockdowns aufkommen. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Im Fall eines Gastronomen aus Travemünde, der während des ersten Lockdowns im Frühling 2020 seinen Betrieb auf Anordnung der Behörden schließen musste, hat der Bundesgerichtshof (BGH) gestern entschieden, dass die Betriebsschließungsversicherung des Gastronomen nicht für den durch den Lockdown entstandenen finanziellen Schaden haften muss, da in den Versicherungsbedingungen COVID-19 nicht explizit als Haftungsfall genannt wird. Der Gastronom hatte auf Anordnung des Landes Schleswig-Holstein ab dem 17. März 2020 seine Gaststätte geschlossen und nur noch Speisen per Lieferdienst angeboten.

Die Zusatzbedingungen seiner Betriebsschließungsversicherung sahen zwar vor, dass die Versicherung für behördlich angeordnete Betriebsschließungen nach dem Infektionsschutzgesetz haftet – konkret verpflichtete sich die Versicherung, dem Gastronom bei einer solchen Schließung den Ertragsausfallschaden für bis zu 30 Tage zu ersetzen – allerdings nur im Fall von meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserregern, die im Katalog der Zusatzbedingungen aufgelistet werden. Da dort weder die Krankheit COVID-19 noch der Krankheitserreger SARS-CoV-2 aufgeführt sind, sei die Versicherung nicht verpflichtet, für Schäden aufgrund des COVID-19-Lockdowns aufzukommen, entschied der BGH. Somit schloss er sich dem Urteil der Vorinstanz, des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts, an.

„Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird zwar einerseits ein Interesse an einem möglichst umfassenden Versicherungsschutz haben, andererseits aber nicht davon ausgehen können, dass der Versicherer auch für nicht im Katalog aufgeführte Krankheiten und Krankheitserreger die Deckung übernehmen will, die – wie hier COVID-19/SARS-CoV-2 gerade zeigt – unter Umständen erst Jahre nach Vertragsschluss auftreten und bei denen für den Versicherer wegen der Unklarheit des Haftungsrisikos keine sachgerechte Prämienkalkulation möglich ist“, teilte der BGH mit.

„Es scheint damit schwer zu werden, Verischerungsschutz für Betriebsschließungen bei einer Pandemie mit noch unbekanntem Erreger oder Krankheit zu bekommen, da die Versicherungen ihre Versicherungsbedingungen aufgrund der Pandemie bereits angepasst haben“, so Jörn Fingerhuth, Experte für Hospitality und Hotels bei Pinsent Masons. “Eine Verteilung der Risiken einer Pandemie für Hotel und Gastronomie wird damit in vielen Fällen ausschließlich zwischen Vermieter, Betreiber und Staat erfolgen. Vor diesem Hintergrund ist und bleibt es wichtig, dass zukünftige staatliche Unterstützungsmaßnahmen schnell und aufgrund klarer Voraussetzungen ausgezahlt werden, und auch Verträge zwischen Vermieter und Betreiber die Risiken ausgewogen verteilen.”

Ferner kam der BGH zu dem Schluss, dass die Versicherungsklausel auch der Inhaltskontrolle gemäß dem Bürgerlichen Gesetzbuch standhalte und nicht gegen das Transparenzgebot verstoße, da der Wortlaut der Bedingungen klar sei und der durchschnittliche Versicherungsnehmer ihm entnehmen könne, dass die Krankheiten und Krankheitserreger, die einen Haftungsfall auslösen, klar definiert und abschließend gelistet werden. „Ihm wird durch die Bedingungen nicht der Eindruck vermittelt, dass jede Betriebsschließung auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes vom Versicherungsschutz erfasst sei“, so der BGH.

Paragraf 307 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist die zentrale Vorschrift zur Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Er legt fest, dass Klauseln in AGB unwirksam sind, wenn sie nicht klar und verständlich sind und den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

„Auch eine solche unangemessene Benachteiligung sieht der BGH nicht als gegeben an“, so Johanna Weißbach, Expertin für Rechtsstreitigkeiten im Bereich Versicherungsdienstleistungen bei Pinsent Masons. „Für Versicherer bedeutet das Urteil, dass es für die Frage der Eintrittspflicht für vergangene mögliche Versicherungsfälle auf jedes einzelne Wort in den Versicherungsbedingungen ankommt. Es lohnt sich daneben, die Bedingungen auch im Hinblick auf Neuverträge unter die Lupe zu nehmen, um einer unklaren Rechtslage vorzubeugen.“

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