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Covid-19: „Falsche Angaben beim Kurzarbeitergeld können zu Ermittlungsverfahren führen“


Falsche oder unvollständige Angaben bei der Beantragung von Kurzarbeitergeld können zu Ermittlungsverfahren führen, warnen Experten.

Um zu verhindern, dass wegen der Corona-Krise in Deutschland zahlreiche Menschen ihre Arbeit und Unternehmen qualifizierte Mitarbeiter verlieren, ist bereits Mitte März ein befristetes Gesetz in Kraft getreten, das den Zugang zu Kurzarbeitergeld erleichtern soll.

„Kurzarbeitergeld ist für viele Arbeitgeber die Chance, auf Kündigungen zu verzichten und wichtige Mitarbeiter auch während der Krise zu halten, insbesondere um startbereit zu sein, wenn die Konjunktur wieder anzieht“, so Dr. David Stoppelmann, Arbeitsrechtsexperte bei Pinsent Masons, der Kanzlei hinter Out-Law.

Kurzarbeitergeld wird als teilweiser Ersatz für Entgelt gezahlt, das wegen zeitweiligem Arbeitsausfall oder zeitweiliger Arbeitsreduzierung entfällt. Dadurch sollen Arbeitgeber entlastet und Arbeitnehmer auch in Krisenzeiten weiter beschäftigt werden können.

Derzeit kann Kurzarbeitergeld für die Dauer von bis zu zwölf Monaten bezogen werden. Es beträgt für Arbeitnehmer mit mindestens einem im Haushalt lebenden Kind 67 Prozent und für die übrigen Arbeitnehmer 60 Prozent der Nettoentgeltdifferenz, die durch die Arbeitszeitreduzierung entsteht.

„Falsche oder unvollständige Angaben bei der Beantragung von Kurzarbeitergeld können allerdings zu Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Betrugs führen. Es besteht auch das Risiko, dass Kurzarbeitergeld als Subvention eingestuft wird. Wegen Subventionsbetrugs kann bereits strafbar sein, wer nur leichtfertig handelt“, so Dr. Jochen Pörtge, Experte für Wirtschaftsstrafrecht bei Pinsent Masons.

Unter welchen Voraussetzungen kann Kurzarbeitergeld beantragt werden?

Arbeitnehmer haben Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt, bestimmte betriebliche und persönliche Voraussetzungen erfüllt sind und der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist.

Damit der Arbeitsausfall erheblich im Sinne der gesetzlichen Regelung ist, muss er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruhen, vorübergehend und nicht vermeidbar sein. Zudem müssen im jeweiligen Kalendermonat mindestens 10 % der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 % ihres monatlichen Bruttogehalts betroffen sein.

„Es darf davon ausgegangen werden, dass die aktuelle Corona-Pandemie einschließlich der in diesem Zusammenhang getroffenen behördlichen Maßnahmen ein unabwendbares Ereignis in diesem Sinne ist“, so Dr. Stoppelmann. „Der damit verbundene Arbeitsausfall wird in der Regel nur vorübergehend sein, da nach Ende der Krise grundsätzlich wieder mit einer Rückkehr zur Vollarbeit zu rechnen ist.“ Der Arbeitsausfall sei unvermeidbar, wenn alle übrigen zur Verfügung stehenden Maßnahmen – insbesondere die Einbringung von Resturlaub und Arbeitszeitguthaben, aber auch sonstige zumutbare Gegenmaßnahmen wie Arbeiten auf Lager oder Instandsetzungsarbeiten – ausgeschöpft wurden.

„Wichtig ist, dass die Ursache – hier also die Corona-Pandemie – für den Arbeitsausfall kausal ist. Es ist zwar nicht erforderlich, dass es sich um die einzige Ursache handelt, der Arbeitsausfall muss aber jedenfalls überwiegend darauf zurückzuführen sein. Dahinter steht das Ziel des Gesetzgebers, dass Kurzarbeit Arbeitsplätze erhalten soll, was nur gelingen kann, wenn nach Wegfall der jeweiligen Ursache grundsätzlich von einer uneingeschränkten Weiterbeschäftigung auszugehen ist“, so Dr. Stoppelmann.

Wird der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt, so prüft sie, ob die Begründung ausreichend ist, um Kurzarbeitergeld zu gewähren. Ist das der Fall, errechnet zunächst der Arbeitgeber die Höhe der Beträge, die den einzelnen Arbeitnehmern zustehen, und zahlt sie aus. Anschließend stellt der Arbeitgeber einen Antrag auf Erstattung des von ihm gezahlten Kurzarbeitergeldes bei der Agentur für Arbeit.

Warum kann Kurzarbeit Strafverfolgungsbehörden auf den Plan rufen?

Verantwortliche in Unternehmen setzen sich Vorwürfen der Strafbarkeit beispielsweise aus, wenn sie Kurzarbeitergeld beantragen und mit der aktuellen Corona-Pandemie begründen, obwohl Arbeitnehmer im unverminderten Umfang weiterarbeiten oder die Corona-Pandemie nicht überwiegende Ursache für den Rückgang der Arbeit ist.

Arbeitnehmer können sich wegen Beihilfe zum Betrug strafbar machen, wenn sie sich etwa auf Anweisung ausstempeln, um dann weiterzuarbeiten, oder wenn sie Zeiten nicht wahrheitsgemäß aufzeichnen.

„Neben der Strafverfolgung involvierter Personen drohen auch Geldbußen von bis zu 10 Mio. Euro gegen Unternehmen. Die Geldbuße kann höher sein, um wirtschaftliche Vorteile abzuschöpfen", so Dr. Pörtge. Alternativ könnten aus der Tat erlangte wirtschaftliche Vorteile eingezogen werden.

Wie können Ermittlungsverfahren vermieden werden?

„Unternehmen sollten vor diesem Hintergrund sorgfältig prüfen, ob die Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld vorliegen", meint Rechtsanwalt Stoppelmann. „Insbesondere die Gründe für den Arbeitsausfall sollten der Agentur für Arbeit vollständig, zutreffend und mit größtmöglicher Transparenz mitgeteilt werden. Zudem sollten Arbeitgeber sorgfältig dokumentieren, dass die betroffenen Mitarbeiter nicht anderweitig beschäftigt werden können."

Schon während der Finanzkrise 2008/2009 hatte der Gesetzgeber Regelungen zur Kurzarbeit als arbeitsmarktpolitisches Instrument genutzt, um die Wirtschaft zu schützen.

Im Nachgang ermittelten Behörden Presseberichten zufolge in ungefähr 1.500 Verdachtsfällen. „Auslöser für strafrechtliche Ermittlungen sind immer häufiger anonyme Anzeigen von Hinweisgebern“, so Dr. Pörtge. Auch dieses Mal sei zu erwarten, dass sich die Behörden nach Bewältigung der Pandemie die Anträge auf Kurzarbeitergeld genauer ansehen und bei Verdachtsmomenten Strafanzeige erstatten.

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